Handelskrieg digital: Was ist dran am TikTok-Bann?

Handelskrieg digital: Was ist dran am TikTok-Bann?
Die USA wollen die Vorherrschaft in der Digitalwirtschaft absichern, dabei ist eine Video-App im Weg. 10 Fragen und Antworten zu TikTok

US-Präsident Donald Trump will den Ober-Zensor spielen und die chinesische Videoplattform TikTok aus den USA verbannen. Es ist ein neuer Höhepunkt im schwelenden Handelskonflikt zwischen den USA und China. Es geht um die Vorherrschaft in der globalen Digitalwirtschaft, die von US-Konzernen geprägt ist und wo chinesische Anbieter wie Huawei als Handynetz-Bauer und TikTok-Mutter ByteDance als Inhalte-Anbieter am Smartphone den Amerikanern gefährlich werden. 

Aber was ist TikTok überhaupt und kann es überhaupt "abgedreht" werden. Der KURIER fasst die wichtigsten zehn Fragen in einem Überblick zusammen:

1. Was ist überhaupt TikTok?

Mit der kostenlosen TikTok-App können kurze Musikvideos  mit dem Handy aufgenommen und mit anderen Nutzern oder öffentlich geteilt werden. Dabei wird nicht selbst gesungen, sondern  aus einem Katalog Lieder, Film- oder Serienszenen ausgewählt und  in eine  eigene Playback-Show  eingebaut. Mit flotten Tanzeinlagen, witzigen Verrenkungen, einstudierten Choreografien versuchen Jugendliche, überwiegend junge Mädchen, möglichst viel Aufmerksamkeit zu erlangen. Die Videos werden mit passenden Hashtags (z.B. #duet, #comedy) versehen, um die Reichweite zu erhöhen.

2. Wie viele Nutzer hat TikTok?

Mit bisher rund zwei Milliarden Installationen am Smartphone ist TikTok die am häufigsten heruntergeladene App der Welt. Weltweit soll es schon fast eine Milliarde aktive Nutzer geben, die meisten davon in den USA. Die Videoplattform fusionierte 2017 mit der amerikanischen Mitsing-App Musical.ly 

3. Wer steht hinter TikTok?

Die chinesische Firma ByteDance Technology mit Sitz in Peking und Niederlassung in New York zählt zu den schnellstwachsenden global Playern weltweit. Das Unternehmen wird aktuell mit rund 50 Mrd. Dollar bewertet. Zu den Investoren zählen namhafte Fonds wie Sequoia, KKR oder Softbank-Gründer Son. Gründer und Ideengeber ist der 37-jährige Software-Entwickler Zhang Yming aus der südchinesischen Küstenprovinz Fujian. Er ist einer der reichsten Chinesen.

4. Was wird TikTok vorgeworfen?

Die USA beschuldigen die Plattform, Nutzerdaten auszuspähen. Durch TikTok könnten private Informationen von US-Bürgern in die Hände der kommunistischen Partei geraten, sagte unlängst Außenminister Mike Pompeo. Es gibt weiters Befürchtungen, das beliebte Netzwerk könnte womöglich sogar die US-Wahlen beeinflussen. Die Nutzer der App sind jedoch überwiegend gar nicht im Wahlalter.

5. Was ist dran an den Vorwürfen?

TikTok bestreitet die Vorwürfe vehement und betont, dass die Nutzerdaten der US-Bürger auf Servern in den USA liegen. Man agiere gänzlich unpolitisch und transparenter als die meisten US-Plattformen. Fakt ist, dass TikTok massenhaft persönliche Daten sammelt und speichert, chinesische Eigentümer hat und China keine freie Digitalwirtschaft kennt, sondern nach wie vor Zensur walten lässt. Die chinesische Version von TikTok, Douyin, steht dort selbstverständlich unter staatlicher Kontrolle, systemkritische Inhalte sind tabu. Der chinesische Staat ist grundsätzlich jederzeit in der Lage, an die Nutzer-Daten von TikTok zu kommen. 

6. Aber spionieren nicht auch die USA Nutzerdaten aus?

Nicht nur TikTok, auch die US-Plattformen sammeln persönliche Daten in riesigen Mengen und speichern sie auf eigene Server ab. Die US-Geheimdienste sind jederzeit in der Lage, andere Staaten und ihre Bürger auszuspionieren, wenn sie es für nötig erachten – Edward Snowden lässt grüßen. Die Datenschutzbestimmungen in den USA sind längst nicht so weitreichend wie in Europa. Schon gar nicht, wenn es um die nationale Sicherheit geht.

7. Können die USA TikTok einfach abdrehen?

Durchaus, die USA haben bereits kleinere Apps wie Grindr verboten. Begründet wird dies immer mit der Gefahr für die Sicherheit. Die USA wären auch nicht das erste Land, das TikTok verbietet. Indien hat die Videoplattform bereits abgedreht. Grund ist der politische Konflikt mit China. Auch in Australien, Großbritannien und Japan droht TikTok ein Bann.

8. Was ist dran an den Verkaufsgerüchten?

Um ein Verbot abzuwenden, wäre auch ein Eigentümerwechsel von TikTok möglich, sprich ByteDance könnte die Milliarden-App TikTok an ein US-Unternehmen verkaufen. Laut Agenturmeldungen sollen die Chinesen dazu durchaus bereit sein. US-Softwareriese Microsoft hat bereits Interesse bekundet. 

Handelskrieg digital: Was ist dran am TikTok-Bann?

9. Wie verhalten sich die Europäer zu TikTok?

Auch in Europa gab und gibt es immer wieder Kritik an der chinesischen Video-App, etwa was die Datensammelwut, die Kontrolle von Inhalten, die ungenaue Überprüfung von Altersbeschränkungen oder Überwachungsmöglichkeiten anbelangt. Die Kritik ist aber leiser als in den USA. 

10. Was steckt hinter dem TikTok-Streit?

Dahinter geht es wie schon beim ähnlich gelagerten Fall Huawei um die globale Vorherrschaft in der Digitalökonomie. TikTok ist nur eine App des Digitalriesen ByteDance, inzwischen gibt es viele weitere, die sich weltweit millionenfach verbreiten. Damit ist das Unternehmen längst Hauptgegner der US-Giganten Google, Apple und Facebook. 

 

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