Grüner Pass: Emporia-Chefin warnt vor digitaler Diskriminierung

Grüner Pass: Emporia-Chefin warnt vor digitaler Diskriminierung
Mehr als eine Million ältere Menschen in Österreich haben kein Smartphone. Aber gerade sie sind schon geimpft und würden gerne verreisen.

Ab Juni soll der digitale "Grüne Pass" für alle Geimpften das Leben erleichtern. Wirklich für alle? Keineswegs. "Mehr als eine Million Österreicher und 52 Millionen EU-Bürger haben kein Smartphone", weiß Eveline Pupeter, Eigentümerin und Chefin des Linzer Seniorenhandy-Anbieters Emporia.

Sie hält es für diskriminierend, wenn der Impfpass zunächst nur als QR-Code aufs Handy kommen soll. "Es soll zwar einen Papierausdruck geben, aber da sagt einem niemand, wie genau das ablaufen soll. Die Menschen werden einfach vor vollendeten Tatsachen gestellt", kritisiert Pupeter. Aber gerade die älteren Menschen, die großteils schon geimpft sind, wollen jetzt gerne wieder verreisen. Dass sie jetzt mangels ausreichend digitaler Fähigkeiten Nachteile hätten und etwa in kein Flugzeug steigen, Tickets kaufen oder keine Bankgeschäfte mehr erledigen können, sei ein "gesellschaftlicher Skandal".

Digitale Kluft bekämpfen

"Wir müssen unbedingt digitale Brücken bauen und die Senioren in die digitale Zukunft mitnehmen", wünscht sie sich mehr Unterstützung von der Politik, etwa bei Schulungen. "Es wird immer vor der digitalen Kluft in der Gesellschaft gewarnt, aber nichts dagegen getan", klagt Pupeter. Eine Digitalisierungsoffensive in Seniorenheimen gebe es bis heute nicht.

Grüner Pass: Emporia-Chefin warnt vor digitaler Diskriminierung
Pupeter erklärt das Senioren-Smartphone

Mehr Smartphones verkauft

Der Linzer Nischenanbieter am globalen Handymarkt konnte im Vorjahr freilich von der Corona-Krise durchaus profitieren. "Unser Smartphone-Absatz stieg um 70 Prozent", so Pupeter, die heuer ebenfalls mit einem Wachstumsschub rechnet. Durch die Ausgangsbeschränkungen hätten viele Kinder ihren Großeltern Emporia-Smartphones gekauft, um mit ihnen via Whatsapp oder Zoom kommunizieren zu können.

Grüner Pass: Emporia-Chefin warnt vor digitaler Diskriminierung

Emporia-Smartphones

Digitaler Seniorenhaushalt

Zum 30-jährigen Firmenjubiläum weiten die Linzer ihr Produktsegment auf einfach zu bedienende Tablets sowie Medizinprodukte wie Blutdruckmessgeräte mit Sprachausgabe, Infrarot-Fieberthermometer oder Fingerclip-Pulsoximeter aus. Die Geräte werden seniorengerecht mit leicht lesbaren, großen Schriften und einfachster Bedienung hergerichtet und mit den hauseigenen Smartphones vernetzt. "Wer ein Smartphone von uns kauft, hat gleichzeitig die Gesundheits-App schon mit drauf", erläutert Pupeter das dahinterliegende Konzept eines digital vernetzten Seniorenhaushaltes.

Wachstumskurs

Für das laufende Geschäftsjahr (per Ende Juni) peilt Emporia einen Umsatz von 40 Mio. Euro an, im Vorjahr waren es 33 Mio. Bis 2023 soll dank Ausweitung der Produktpalette die 100-Mio.-Euro-Umsatzgrenze geknackt werden. Ergebniszahlen nennt das Unternehmen mit derzeit 110 Beschäftigten in Linz traditionell keine. Im Vorjahr erfolgte der Markteintritt in Italien, womit jetzt insgesamt 30 Länder Europas beliefert werden. In Österreich kommt Emporia auf einen Marktanteil von 7 Prozent und ist damit hinter Samsung und Apple auf Rang 3 sowie Marktführer bei den kaum noch erhältlichen Tastentelefonen.

Die Zahl der verkauften Endgeräte soll sich von derzeit 600.000 auf 1,2 Millionen verdoppeln, davon sollen allein 600.000 Smartphones sein. Im Vorjahr waren es rund 120.000. In vergangenen 30 Jahren verkaufte Emporia insgesamt 15 Millionen Handys und 2 Millionen Festnetztelefone.

Made in China wird teurer

Hergestellt werden die Emporia-Endgeräte in Shenzhen in China. Die weltweiten Chip-Engpässe hätten die Herstellkosten um 20 Prozent verteuert, klagt Pupeter. Größere Lieferengpässe gebe es nicht nur bei den Computerchips, sondern auch bei Displays. "Aber wir haben vorgesorgt und sind voll lieferfähig".

Dass Emporia als kleiner österreichischer Player am globalen Handymarkt 30 Jahre überlebt hat, bezeichnet Pupeter, die seit 2015 Alleineigentümerin des Unternehmens ist, selbst als "fast ein Wunder". Das ging nur deshalb, weil sich die Linzer auf eine einzige, allerdings stark wachsende Zielgruppe spezialisierten: SeniorInnen.

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