Großinsolvenz: Zitterpartie um Schlecker Österreich

Großinsolvenz: Zitterpartie um Schlecker Österreich
Die Filialen in Österreich hängen am deutschen Netz. Lieferanten bangen um ihr Geld, Mitarbeiter um ihre Jobs.

Der deutsche Drogeriekönig Schlecker ist pleite. Am Montag beantragte das Familienunternehmen beim Amtsgericht in Ulm offiziell eine Planinsolvenz: „Die Auslandsgesellschaften sind davon nicht betroffen“, betonte Schlecker-Sprecher Alexander Güttler. Damit meinte er auch die 970 Schlecker-Filialen in Österreich mit rund 3000 Mitarbeiter. Die vorläufige „Entwarnung“ mag wohl eher der Beruhigung dienen.

Im KPMG-Bericht des Jahresabschlusses der Anton Schlecker Gesellschaft mbH mit Sitz im oberösterreichischen Pucking stellt sich die Betroffenheit anders dar: Der Fortbestand der Gesellschaft sei sowohl auf Grund der Forderungen gegenüber verbundenen Unternehmen als auch insbesondere wegen der „wirtschaftlichen Verflechtungen“ vom Fortbestand der Anton Schlecker e.K., Ehingen, „abhängig“, ist dort zu lesen. Soll heißen: Die Österreich-Tochter hängt finanziell gesehen voll am Tropf der Deutschland-Mutter.

Lieferanten sind nervös

Die Lieferanten von Schlecker sind jedenfalls hochnervös. Bisher hatten die österreichischen Schlecker-Filialen – im Gegensatz zu den deutschen – keine Probleme, Ware zu bekommen. „Die Ware die draußen ist, ist versichert“, erklärt ein Lieferant von Schlecker, dass er aufgrund der längst bekannten „problematischen Situation“ bei der Drogeriekette eine Ausfallversicherung abgeschlossen hat. Ob er weiter liefern soll und wird, ist aber fraglich.

Die Kreditversicherer wollen jedenfalls kein Risiko mehr eingehen und haben ihre Haftungen eingestellt: „Wir übernehmen für neue Lieferungen keinen Versicherungsschutz mehr“, sagt Bettina Selden, Vorstand beim Kreditversicherer Prisma. „Es schaut sehr kritisch für Schlecker Österreich aus, das Geschäft ist mit der Deutschland-Mutter engstens verbunden“, meint Selden. Ob den Filialen schon bald die Ware ausgeht, hängt laut Selden stark vom Schweizer Zwischenhändler Markant ab. Weil Schlecker bei Markant viele unbezahlte Rechnungen liegen hat, ist Markant einer der Hauptgläubiger im Insolvenzverfahren. Und Markant dürfte nur bereit sein, auf einen Teil der Forderungen zu verzichten, wenn auch die Eigentümerfamilie einen erheblichen Beitrag leistet, war am Montag zu hören. Die Markant-Gruppe war für eine Stellungnahme vorerst nicht erreichbar.

Gehälter

Laut Schlecker-Aussendung sind die Gehälter der Mitarbeiter in Deutschland durch das Insolvenzausfallgeld für die ersten drei Monate des Verfahrens gesichert. Da für die Österreich-Tochter (noch) kein Insolvenzantrag gestellt wurde, müssen die Gehälter ganz normal weiterbezahlt werden. Die Gewerkschaft sieht daher vorerst noch keinen Handlungsbedarf und will abwarten, ob die 3000 Schlecker-Beschäftigten in Österreich, überwiegend Frauen, normal ihre Jänner-Gehälter bekommen.

Die Aussage eines deutschen Rechtsexperten, wonach die Insolvenz Schlecker auch dazu dienen könnte, die teuren Tarifverträge mit der deutschen Gewerkschaft ver.di kündigen zu können, sei für Österreich unerheblich, so Gewerkschafter Karl Proyer. „Das ist eine völlig andere Rechtssituation.“

Nicht nur nur Mitarbeiter hoffen auf einen Fortbestand der Drogeriekette. Auch Lieferanten sind sich einig, dass ein Wegfall von Schlecker aufgrund der steigenden Marktkonzentration, nachteilig wäre.

Planinsolvenz: Sanierung als Ziel

Eigenregie Die von Schlecker beantragte Planinsolvenz nach deutschem Recht entspricht dem österreichischen Sanierungsverfahren in Eigenverwaltung. Ziel ist der Erhalt des Unternehmens als Ganzes, so ein Finanzinvestor gefunden wird. Die Schließung zahlreicher Filialen gilt als wahrscheinlich. Die Schlecker-Chefs Lars und Meike Schlecker bleiben weiter im Amt, ihnen wird aber ein Insolvenzverwalter zur Seite gestellt. Die Gläubiger, darunter der Zwischenhändler Markant, müssen der Planinsolvenz erst zustimmen.
Privathaftung
Schlecker wird als „eingetragener Kaufmann, Anton Schlecker e.K. geführt. Die Familie haftet somit auch mit ihrem Privatvermögen.

Schlecker hat Filialen in Österreich, Spanien, Frankreich, Italien, Tschechien, Polen und Portugal. In den Ländern arbeiten arbeiten rund 17.000 der insgesamt 47.000 Beschäftigten. In Deutschland hatte das Unternehmen die Zahl der Filialen zuletzt auf knapp unter 7000 reduziert.

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