Gold Plating: Betriebe wollen 200 Vorschriften loswerden
Die Regierung will mit der Übererfüllung von EU-Richtlinien (Stichwort: „Gold Plating“) Schluss machen und unnötige Fleißaufgaben bei Vorschriften wieder auf die Mindestvorgaben zurückschrauben. Bis 15. Mai konnten Interessensverbände dem Justizministerium melden, wo es aus ihrer Sicht Übererfüllungen gibt. Wirtschaftskammer (WKO) und Industriellenvereinigung (IV) legten lange Wunschlisten vor.
Die WKO führt auf sechs Seiten mehr als 200 Beispiele für „unnötiges Gold Plating“ an. Darunter befinden sich Kleinigkeiten wie der Aushang von Devisenkursen in Bankfilialen oder die Verpflichtung zur Bestellung eines stellvertretenden Abfallbeauftragten. Im EU-Recht gebe es keine derartige Vorschrift, sagt WKO-Rechtsexpertin Rosemarie Schön. Umstrittener ist wohl der Wunsch nach Abschaffung der verpflichtenden Papierrechnung sowie Erleichterungen beim Aufstellen von Handymasten im Telekommunikationsgesetz. In Österreich ist für das aufstellen von Antennentragemasten eine eigene Genehmigung nötig, dies stellt laut WKO "einen unverhältnismäßigen Aufwand" dar, zumal eine EU-Richtlinie das Aufstellen begünstigt.
Auf der Wunschliste befindet sich auch eine Reduktion der Aufbewahrungsdauer von Aufzeichnungspflichten von derzeit zwei auf ein Jahr sowie ein Entfall der Abstellplatzerfordernisse im Güterbeförderungsgesetz. Transportfirmen müssen in Österreich nachweisen, dass sie über ausreichend Abstellplätze in Unternehmensnähe verfügen, in anderen Ländern müssen sie das nicht. Im Bereich Arbeitnehmerschutz will die WKO eine Reihe von Meldepflichten streichen, das Ausmaß der Präventionszeiten reduzieren und den Arbeitsschutzausschuss ganz streichen.
Übertriebene Meldepflichten
Der Indutriellenvereinigung sind die ihrer Ansicht nach „übertriebenen Meldepflichten“ und die im EU-Vergleich empfindlich höheren Strafen bei Verstößen gegen die EU-Entsenderichtlinie ein Dorn im Auge. „Gold Plating“ sehen sie auch bei der Umweltverträglichkeitsprüfung. Die Berücksichtigung nicht näher genannter „öffentlicher Interessen“ schaffe im Genehmigungsverfahren einen hohen Grad an Unsicherheit, sei aber unionsrechtlich gar nicht erforderlich, heißt es.
„Wir wollen Gold“
Gar nichts gegen vergoldete Vorschriften einzuwenden hat die Arbeiterkammer (AK). Sie fürchtet im Gegenteil eine Verschlechterung des in Österreich vergleichsweise hohen Arbeitnehmerschutzes: „Wenn es um die Rechte der Arbeitnehmer geht, wollen wir Gold und nicht Blech“, sagte AK-Präsidentin Renate Anderl. Bedenken, dass aktuell hohe Standards quasi mit einem Handstreich heruntergefahren werden, gibt es auch beim Tier- und Umweltschutz, der Lebensmittelsicherheit und dem Kosumentenschutz.
Es solle nur das beseitigt werden, was keinen Zweck habe, versprach Justizminister Josef Moser. Höhere Umweltstandards, die es schon vor dem EU-Beitritt Österreichs gegeben hat, seien in keinem Fall gefährdet.
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