Gesicht Europas in der Welt könnte bald gewählt werden

"Es wird keine Pleite geben." (Eurogruppenchef Jean-Claude Juncker im Juni über Griechenland)
Wer könnte Europa ein Gesicht geben? Das Anforderungsprofil müsste ähnlich jenem des US-Präsidenten sein.

Mehr Europa heißt auch mehr Demokratie, mehr europäische Öffentlichkeit und eine direkte Wahl des Kommissionspräsidenten: Das ist ein Vorschlag, den Finanzminister Wolfgang Schäuble kürzlich in Wien erneuert hat.

Aber wer könnte Europa ein Gesicht geben und endlich die Telefonnummer haben, die sich Henry Kissinger schon vor vielen Jahren gewünscht hat? "Geeignet ist ein Politiker, der kraft seiner Persönlichkeit und seiner bisherigen Tätigkeit das Gesicht Europas in der Welt wird", sagt der Politikberater Thomas Hofer. Die Person müsse mehrsprachig sein, Charisma haben und inhaltlich beschlagen sein.

Durch die erweiterten Kompetenzen der EU-Kommission in Richtung europäischer Regierung müsste das Anforderungsprofil ähnlich jenem des US-Präsidenten sein. "Die heikelste Frage bei der Wahl eines Präsidenten ist, dass es bei vielen Bürgern noch kein europäisches Bewusstsein gibt." Ein Kandidat dürfe nicht ideologisch sein und auch nicht auf "nationale Interessen" reduziert werden können, betonte Hofer.

"Dieses Handicap hätte die deutsche Bundeskanzlerin Angela Merkel." Sie sei zwar eine starke politische Figur, in der Welt bekannt und mit vielen politischen Größen per Du. Auf der anderen Seite werde aber in manchen EU-Staaten, wie in Griechenland, abgelehnt. Für Hofer wäre ein Kandidat aus einem kleinen EU-Land ideal, dem man keine nationalen Eigeninteressen vorwerfen könne. Luxemburgs Regierungschef und Vorsitzender der Euro-Gruppe, Jean-Claude Juncker, wäre bestens geeignet. Er vereint in sich die nötigen Merkmale für einen Mister Europa und kann die die europäische Integration glaubhaft den Menschen erklären.

Die Idee zur Wahl des EU-Kommissionspräsidenten ist nicht neu. Die Regierungschefs verhinderten bis jetzt eine Direktwahl, da sie Machtverlust befürchten. Die Kommission hat alleiniges Initiativrecht. Noch mehr fürchten die Regierungschefs eine Lücke im Lissabon-Vertrag, wonach der Kommissionspräsident auch der Präsident des Europäischen Rates sein kann. Derzeit werden beide Posten, jener des Kommissions- und des Ratspräsidenten, vom Rat der EU-27 geheim ausgeklüngelt, das Parlament darf nur bestätigen. Eine demokratische Legitimation fehlt.

Wahlrecht

Das Europa-Parlament will das ändern: Derzeit ringen die Fraktionen um Änderungen des EU-Wahlrechts. Der britische Liberale Andrew Duff arbeitet an einer Wahlrechtsreform. Sein Plan: Ein zweiter Stimmzettel bei der EU-Wahl, mit dem 25 Sitze des Parlaments über EU-weite Listen vergeben werden. Wer von diesen 25 EU-weiten Mandaten die meisten Stimmen bekommt, könnte zum Kommissionspräsidenten bestellt werden.

"Es wäre eine Innovation, wenn der Präsident gewählt würde. Wir stellen bei den Wahlen 2014 einen gemeinsamen, EU-weiten Kandidaten für das Amt des Kommissionspräsidenten", sagt der EU-Abgeordnete Jörg Leichtfried, SPÖ. Fix ist die Wahlrechtsänderung noch lange nicht. Der Verfassungsausschuss des EU-Parlaments wird am 26. Jänner über den Vorschlag Duffs abstimmen. Noch gibt es quer durch alle Fraktionen starke Vorbehalte.

 

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