Die Beteiligten müssen sich bis zur schriftlichen Ausfertigung des Urteils Ende September gedulden.
Zwei Unternehmen erhoben gegen den Zuschlag der Wien Holding an den US-Konzern OVG Einspruch. Geklagt hat der Zweitplatzierte, die CTS Eventim von Deutschlands Ticketkönig Klaus-Peter Schulenberg. Ebenso der börsenotierte Baukonzern Porr, der ursprünglich im Konsortium von OVG war, dann aber gegen die Grazer Granitbau ausgetauscht wurde. Porr zog allerdings am Donnerstag den Einspruch zurück. Jetzt ist die Frage offen, ob sich ein Bieterkonsortium unabhängig von der Ausschreibung verändern darf. Die Wien Holding meint, ja.
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Schön gerechnet?
Das Siegerprojekt ist gegenüber dem Referenzprojekt der Wien Holding um 40 Prozent verkleinert worden, wie der KURIER als erstes Medium berichtete. Daraus erklärt sich auch der Preis von insgesamt 384 Millionen Euro für Bau und Innenleben. Die Arena ist mit 64.000 Quadratmeter Gesamtfläche konzipiert. CTS bot eine Fläche von 92.000 Quadratmeter bei Investitionen von knapp 800 Millionen an.
Die Halle soll Platz für rund 20.000 Besucher bieten. In der Branche fragt man sich, ob OVG das Projekt schön gerechnet hat. Laut dem KURIER vorliegenden Unterlagen wird mit einem jährlichen Ebitda (Ergebnis vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen) von 36,562 Millionen Euro kalkuliert. CTS kommt dagegen nur auf 18,575 Millionen. Der Sieger plant mit einem Gesamtumsatz von mehr als 72 Millionen jährlich, der Zweitplatzierte nur mit 52,8 Millionen.
Die Umsätze aus Vermarktung und Hospitality sind beim Siegerprojekt mit knapp 24,5 Millionen Euro deutlich höher als beim unterlegenen Angebot (knapp 18 Millionen). Der für die Kunden teurere VIP-Bereich ist wesentlich größer dimensioniert.
Laut dem OVG-Offert wäre die neue Halle rentabler als die weltweit erfolgreichste Großhalle, die O2 Arena in London. Realistisch?
Der Bestbieter sei einer der „weltweit führenden Errichter und Betreiber von Arenen für Großveranstaltungen“, erklärt eine Sprecherin der Wien Holding gegenüber dem KURIER. Man zweifle nicht daran, dass OVG ein hochwertiges Besuchererlebnis schaffen und dabei die Arena rentabel führen werde. KPMG Advisory habe das Angebot geprüft und mit internationalen Hallen vergleichen.
Die Stadt ist am Gewinn der Eventhalle beteiligt, nicht aber an den Verlusten und hat keine Nachschusspflicht. Die Holding will maximal 55 Millionen Euro mitinvestieren. Sollte das Projekt scheitern, muss die Stadt die Vorkosten von 27 Millionen Euro übernehmen.
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Sehr guter Bauzustand
Da sich die Eventhalle laut heutigem Stand bis 2029 verzögert, muss bis dahin die „alte“, in den 1950-er Jahren errichtete Stadthalle genutzt werden. Das von der Wien Holding in Auftrag gegebene umfangreiche Gutachten über den Zustand des von Architekt Roland Rainer geplanten Baus liegt entgegen anderslautenden Aussagen der Wien Holding schon seit Ende Juli vor.
Drei Jahre lang wurde die Stadthalle bis ins Kleinste durchgecheckt. Mit dem Ergebnis, dass das Gebäude bautechnisch in einem sehr guten Zustand ist, wie man aus dem Rathaus hört.
Anders schaut es natürlich bei der Haustechnik aus, also Lüftung, Elektrotechnik etc. Diese entsprechen längst nicht mehr den aktuellen Standards. Was angesichts des Alters klar ist. Am effizientesten wäre der gesamte Austausch der Haustechnik in Bausch und Bogen.
Die alte Stadthalle ist also keineswegs abbruchreif und könnte wegen des Denkmalschutzes auch gar nicht abgerissen werden. Aus diesem Grund bräuchte Wien keine neue Eventhalle. Ob für eine Millionenstadt der Bedarf für eine zweite Halle vorhanden ist, das ist eine andere Frage.
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