Starke Stimmungsschwankungen an den Börsen sind weiterhin zu erwarten

Starke Stimmungsschwankungen an den Börsen sind weiterhin zu erwarten
Der scheidende Vorstand der RLB NÖ-Wien hält Aktien weiterhin für attraktiv für Anleger.

KURIER: Des Österreichers liebstes Buch ist das Sparbuch. So schlecht verzinst waren Sparguthaben aber noch nie.

Gerhard Rehor: Die verschwindend niedrigen Sparzinsen sind das Ergebnis der Niedrigzinspolitik der Europäischen Zentralbank EZB. Damit will die EZB Investitionen erleichtern und den Konsum ankurbeln. Ziel ist eine Belebung der Konjunktur, damit natürlich auch der Erhalt von Arbeitsplätzen.

Was kann der Sparer tun?

Der Handlungsspielraum ist gering. Man sollte sich überlegen, wie viel man als Basisanlage auf dem Sparbuch braucht und mit den übersteigenden Geldern eine Anlagepyramide aufbauen. Das heißt Bausparen, festverzinste Wertpapiere, Fonds bis zu Aktienanlagen. Die alte Methode, mit der Bank über Sparzinsen zu verhandeln, ist wenig erfolgversprechend, weil die Banken selber unter den niedrigen Zinsen leiden.

Ist es nicht günstig für Banken, wenig Sparzinsen zahlen zu müssen?

Dann nicht, wenn auch die Kreditzinsen ganz niedrig sind. Banken leben von der Zinsdifferenz zwischen Spareinlagen und Krediten. Vor fünf Jahren lag das Zinsniveau bei fünf Prozent. Da war eine Zinsmarge im Spargeschäft von zum Beispiel einem Prozent vielleicht angemessen. Beim heutigen Zinsniveau von 0,5 Prozent geht sich das rein mathematisch nicht mehr aus.

Den Effekt sieht man in den Bilanzen der Banken ...

Die Bankwelt steht unter massiven Sparzwängen. Die Folgen der Niedrigzinsen sind ein Grund. Darüber hinaus belasten neue Bankgesetze, die nicht nur aufwendig zu administrieren sind, sondern auch traditionelle Ertragsquellen beschränken. Zuletzt darf man nicht vergessen, dass bei schwacher Konjunktur und unsicheren Bonitäten die Risken noch nicht auf Vorkrisenniveau gesunken sind.

Ist die Eurokrise schon überstanden?

Volkswirtschaftliche Daten zeigen eine Entspannung, etwa durch eine Annäherung in der Produktivität (Lohnstückkosten) zwischen Nord- und Südeuropa. Daher auch der Optimismus an den Börsen der letzten neun Monate. Irland und Portugal können sich wieder über die Anleihenmärkte finanzieren. Europa bleibt aber 2013 die wachstumsschwächste Region der Welt.

Und die vielen Arbeitslosen?

Die Arbeitslosigkeit stellt ein massives Problem dar. Nicht nur für die Betroffenen, sondern auch für die politische Stabilität und damit wieder für die Finanzmärkte.

Sie erwarten die sprichwörtlichen „italienischen Verhältnisse“ in ganz Europa?

Das sicher nicht. Aber bei allen europäischen Wahlgängen nehmen die Erfolge von Protestparteien zu, die so wie die „Grillinis“ in Italien oder die „Syriza“ in Griechenland eine ordentliche Regierbarkeit des Landes beinahe blockieren – und damit erst recht die notwendige Sanierung. Starke Stimmungsschwankungen der Anleihegläubiger und der Börsen sind da wohl verständlich und weiterhin zu erwarten.

Wie gefährlich ist die Lage in Italien für die Stabilität der Eurozone?

Italien stellt in der Kombination von politischer Instabilität, hoher Staatsverschuldung und sehr schwacher Konjunktur ein Land dar, das beobachtet werden muss. Weil es ob seiner Größe nicht garantiert ist, dass die europäischen Schutzmechanismen EFSF und ESM ausreichen, um einen Schock zu stabilisieren. Positiv war 2012 hingegen Italiens Primärsaldo, also das Staatsbudget ohne Kreditzinsen.

Stichwort Kreditzinsen: Was raten Sie Kunden, die einen Franken-Kredit haben?

Wer jetzt in den Euro wechselt, steigt bei einem Kurs von knapp unter 1,25 Franken pro Euro etwas günstiger aus, als in den letzten Monaten. Ich halte das für eine Gelegenheit. Auch langfristig darf man sich keinen Kurs von 1,40 oder darüber erwarten. Der langfristige Trend zeigt in Richtung 1,10, auch wenn die Schweizer Notenbank bis auf Weiteres sehr glaubwürdig ihre Marke von 1,20 verteidigt. Es gibt auch keinen nennenswerten Zinsvorteil mehr für Kredite im Franken.

Eine Frage zu Aktien: Geht es mit den Kursen weiter aufwärts?

Die Bewertung, etwa das Kurs-Gewinn-Verhältnis, der Industrietitel spricht trotz schwacher Konjunktur für Käufe. Da uns die niedrigen Zinsen und die reichliche Liquiditätsversorgung noch lange begleiten werden, darf man bei der Prognose bleiben – 2013 wird ein ausgezeichnetes Aktienjahr.

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