Genehmigungsverfahren über Jahre: "Da wird Volksvermögen verschleudert"
KURIER: Die Porr baut in Katar unter anderem eine U-Bahnlinie und ein Stadion. Wie sehr treffen Sie die Sanktionen arabischer Staaten gegen Katar?
Karl-Heinz Strauss: Beschaffung und Logistik sind schwieriger geworden. Vieles läuft jetzt über den Oman. Der Stahl für das Al Wakrah Stadion in Doha kommt jetzt aus Italien. Das alles führt zu Verzögerungen.
Um wie viel werden die Bauten dadurch teurer?
Das bewegt sich im einstelligen Prozentbereich.
Dadurch schrumpft der Gewinn für die Porr?
Nein, laut Vertrag zahlt bei unvorhergesehenen Themen der Auftraggeber die Mehrkosten. Und die rechtzeitige Fertigstellung ist nicht in Frage gestellt.
Die Devisenreserven Katars sind stark gesunken. Gibt es Verzögerungen bei Zahlungen?
Katar zahlt sehr pünktlich und unterstützt Firmen bei der internationalen Beschaffung. Ich muss betonen: Porr steht zu Katar. Mit den Bereichen Bildung, Healthcare und Sport hat sich Katar sehr gut und stark aufgestellt.
Zu Österreich: Die Bauwirtschaft ist immer wieder in Skandale wie Preisabsprachen verwickelt. Was sagen Sie dazu?
Schwarze Schafe gibt es immer und überall. Bei der Porr ist das striktest verboten. Aber selbst wir können nicht ausschließen, dass das in einem regionalen Bereich passiert. Jedes Surfen im Graubereich führt zu sofortigen Konsequenzen.
Das heißt Rausschmiss?
Ja. Aber nicht überall, wo knapp angeboten wird oder nur wenige anbieten, steckt Schlechtes dahinter.
Vor allem bei Großbaustellen werden die geplanten Kosten oft heillos überzogen. Was ist Schuld daran?
Das kann an einer zu knappen Planungszeit liegen. Beim Smart Campus für die Wiener Netze hat die Porr gezeigt: Bei einem kundigen Bauherren kann man auch knapp unter Budget kommen. Ein Generalunternehmer mit ordentlicher Planung ist die Zukunft.
Haben Sie ein Beispiel?
Wir leben das gerade für BMW in München bei einem Büroprojekt für mehr als hundert Millionen Euro. Der Bauherr hat Vorstellungen, was er möchte. Haustechnik, Fassadenbau, Innenausbau – alle sitzen schon bei der Planung mit am Tisch. Es muss wieder Vertrauen zwischen Bauherren und Baufirma geben. Man kann nicht alles in Ausschreibungen regeln. Ohne Vertrauen bekommen wir Zustände, dass mehr Rechtsanwälte als Bauarbeiter auf den Baustellen sind.
Auch in Österreich fehlt es an leistbarem Wohnraum. Wie könnte billiger gebaut werden?
Günstiger, schneller und effizienter könnte gebaut werden, wenn man die Bauordnungen der neun Bundesländer vereinheitlicht.
Und indem man viele kleine Wohnungen baut?
Dass kleine Wohnungen billiger sind, ist eine Mär. Bei vielen kleinen Wohnungen braucht man mehr Gänge, mehr Bäder. Der Quadratmeter Wohnraum ist dadurch teurer. Man braucht eine Mischung aus kleineren und größeren Wohnungen.
Siehe Linzer Westring, der nach neun Jahren jetzt grünes Licht bekommen hat: Was dauert bei solchen Projekten derart lang?
Es kann nicht sein, dass bei einem Projekt andauernd Eingaben mit aufschiebender Wirkung gemacht werden können. Das nutzen die Gegner dieser Projekte natürlich aus. Erstaunlicherweise regt sich hier niemand auf, dass hier Volksvermögen verschleudert wird. Diese aufschiebenden Bedingungen gehören reformiert. Es muss eine Begutachtungszeit in einer vernünftigen Frist geben, und Ende.
Der Bau boomt, auch bei Ihnen?
Die Porr wächst sehr stark mit hohen zweistelligen Wachstumsraten, organisch und auch durch Übernahmen. Wir könnten deutlich mehr machen, stoßen aber beim Personal an Grenzen.
Welches Personal suchen Sie?
Es fehlt an allem. Von Führungspersonal über Leitung wie Bauingenieure und Poliere bis zu kundigem gewerblichen Personal. Bis vor kurzem war es nicht sehr sexy, bei einer Baufirma zu arbeiten. Die Bauindustrie wird bei weitem unter ihrem Wert geschlagen. Das ist die absolute Mischung von Alt und Neu, die Mischung von Baustoffen und Digitalisierung wie Drohnen, die über Gelände fliegen.
Wir stecken mitten im Wahlkampf. Welche Regierung wünschen Sie sich?
Die Porr ist ein neutrales Unternehmen, ich gebe keine Empfehlung. Aber ich fordere alle Mitarbeiter in Österreich und Deutschland, dort wird ja auch bald gewählt, auf, dass sie wählen gehen. Dass sie das Grundrecht einer Demokratie wahrnehmen.
Was soll die nächste Regierung bringen?
Dass sie Leistung, Eigentum und Sparsamkeit in den Mittelpunkt stellt. Dass der Anreiz, etwas zu leisten, nicht von Haus aus schlecht gemacht wird. Sachdiskussionen müssen im Mittelpunkt stehen, Politik muss wieder in den Hintergrund treten. Politik hat für uns da zu sein.
Karl-Heinz Strauss und die Honigbienen
Zur Person: Bis zur Jahrtausendwende war der gebürtige Kärntner bei der RZB für den Aufbau des Immo-Geschäfts zuständig. Dann machte er sich mit einem Immobilien-Entwickler selbstständig. Im Herbst 2010 übernahm er den Chefposten beim Baukonzern Porr. Im Syndikat mit der Ortner-Gruppe hält er 53,7 Prozent an der Porr. Der Rest ist im Streubesitz.
Bienenstöcke: Sterben die Bienen aus, sterben bald darauf auch die Menschen aus – dieser Spruch wird
Albert Einstein zugeschrieben. Damit das nicht passiert, hat
der heimische Baukonzern das Projekt „Bee at Porr“ gestartet. Überall dort, wo der Konzern Grundstücke besitzt, werden Bienenstöcke aufgestellt. Das Unternehmen stellt Stöcke und Völker zur Verfügung, Mitarbeiter kümmern sich um die Bienen
und bekommen drei Viertel des Honigs. Der Rest wird verschenkt. 30 Standorte gibt es schon.
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