Gefahr für den gemeinnützigen Wohnbau

Für Wohnbau soll auch privates Kapital mobilisiert werden.
Das Wohnpaket der Bundesregierung ist eine Gefahr für den gemeinnützigen Wohnbau.

Es ist nicht mehr als eine Seite, auf der die Pläne für das Wohnpaket der Bundesregierung zusammengefasst wurden. Doch was unter der Überschrift "zusätzliche Mobilisierung privaten Kapitals" geschrieben steht, ist Zündstoff pur. In Zukunft soll es möglich sein, dass Finanzinvestoren am gemeinnützigen Wohnbau kräftig verdienen. Das würde auf die schrittweise Aushöhlung des gemeinnützigen Wohnbaus hinauslaufen.

Steuerbefreit

Derzeit sind gemeinnützige Bauträger von der Körperschaftssteuer befreit. Voraussetzung dafür ist, dass die Mieteinnahmen im Kreislauf des gemeinnützigen Wohnbaus bleiben, also nur für neue Projekte verwendet werden. Lediglich zwischen dreieinhalb und fünf Prozent der Gewinne gehen an die Eigentümer.

Gemäß dem Koalitionsübereinkommen soll "der künftige Verkaufspreis dieser Anteile über dem Kaufpreis liegen können". Der Eigentümer verdient durch die Wertsteigerung seiner Einlage. Die Immobilienpreise gehen seit Jahren ohnehin steil nach oben. Dazu kommt, dass die Bauträger neue Wohnungen bauen, was ebenfalls zur Wertsteigerung beiträgt.

Massive Gewinne

Wenn Finanzinvestoren durch den Verkauf ihrer Anteile massive Gewinne einstreifen, fällt der Grund für die Steuerbefreiung weg. Das Vermögen bleibt nicht im Kreislauf der Gemeinnützigen. Außerdem ist es naiv zu glauben, dass Finanzinvestoren keine zusätzlichen Wege finden, Gewinne aus dem System abzuziehen, etwa über das Anzapfen der Reserven.

Die Einnahmen der Gemeinnützigen stammen aus zwei Quellen: Förderungen der öffentlichen Hand und Mieteinnahmen. Die angepeilte Reform würde also bedeuten, dass Steuerzahler und Mieter den Vermögenszuwachs der Finanzinvestoren sichern. Mehr Wohnungen werden nicht gebaut.

Die SPÖ hat diesen Passus nicht ohne Grund ins Wohnpaket hineinreklamiert. Die meisten gemeinnützigen Wohnungen gehören Bauträgern, die entweder als Aktiengesellschaften oder als Gesellschaft mit beschränkter Haftung organisiert sind. Nur ein kleiner Teil gehört Genossenschaften, bei denen die Mieter auch Eigentümer sind.

Der größte Gemeinnützige in Österreich ist die Sozialbau mit mehr als 50.000 Miet- und Eigentumswohnungen. Die Aktiengesellschaft wird mehrheitlich von der SPÖ-nahen Vienna Insurance Group kontrolliert. Nach der Reform würde das Immobilienvermögen der Vienna Insurance über Nacht um ein Vielfaches steigen. Der Wert der Gemeinnützigen insgesamt würde von rund 600 Millionen Euro auf rund 11,4 Milliarden Euro anwachsen.

EU-Richtlinie

Das käme der Vienna Insurance gelegen. Denn die EU-Richtlinie Solvency II verpflichtet Versicherungen dazu, in ihren Bilanzen deutlich mehr Eigenmittel auszuweisen. Die Vienna Insurance könnte die aufgewerteten Anteile zum Eigenkapital dazuzählen und hätte mit Solvency II kein Problem. Die Sozialbau hat gute Beziehungen zur SPÖ. Josef Ostermayer, einst die rechte Hand des früheren Bundeskanzlers Werner Faymann, ist nun Vorstand der Sozialbau.

Der Generaldirektor der Sozialbau, Wilhelm Zechner, hält das Wohnpaket der Bundesregierung für notwendig: "Ich verstehe die Wünsche privater Investoren. Die Gemeinnützigkeit ist dadurch nicht gefährdet." Dies könne durch entsprechende juristische Formulierungen sichergestellt werden.

Widerstand

FPÖ und Grüne sind strikt gegen die geplante Neuregelung. Auch in der SPÖ und in der ÖVP wächst der Widerstand. Die Regierungsparteien müssen damit rechnen, dass sich die Mieter bei der nächsten Wahl für die Aushöhlung der Gemeinnützigkeit revanchieren. Wie wenig von der Gemeinnützigkeit übrig bleibt, wenn Private Gewinne erzielen wollen, hat der Verkauf der BUWOG gezeigt.

Johann Singer, Wohnbausprecher der ÖVP, verweist auf die Präambel im Wohnpaket. Dort heißt es, der gemeinnützige Kreislauf dürfe nicht gestört werden. Singer: "Es wird zu keiner Einschränkung der Gemeinnützigkeit zulasten der Mieter kommen."

Das Wohnpaket soll auch dafür sorgen, dass künftig genug günstige Grundstücke für den sozialen Wohnbau zur Verfügung stehen. Deshalb soll bei der Umwidmung von Grundstücken von Grünland in Bauland 25 Prozent als Vorbehaltsfläche für förderbaren Wohnbau zur Verfügung gestellt werden.

Diese Regelung soll aber nur für Grundstücke im Eigentum der öffentlichen Hand und nicht auch für private Grundstückseigentümer gelten. Die Wirkung wird sich daher in Grenzen halten.

In Südtirol gibt es schon seit Jahren eine Regelung, die auch für private Grundstückseigentümer gilt. Bei einer Umwidmung müssen mindestens 60 Prozent der Fläche dem sozialen Wohnbau zur Verfügung gestellt werden.

Halber Preis

Für diesen Teil bekommt der Eigentümer die Hälfte des Marktpreises bezahlt.

Die Südtiroler Politiker haben immer damit argumentiert, dass der Grundstückseigentümer keinerlei Leistung erbringt. Mit dem Beschluss der Umwidmung von Grünland in Bauland ist die Wiese plötzlich Millionen wert. Sämtliche Aufschließungskosten für Straße oder Kanal zahlen nach dem Weiterverkauf die neuen Eigentümer und die Kommunen. Es könne sich daher um keinen unzulässigen Eingriff in privates Eigentum handeln, lautet die Argumentation.

Eine Variante ist es, den privaten Grundstückseigentümern die Wahl zu lassen. Wenn er sich weigert, einen Teil für sozialen Wohnbau abzutreten, dann muss er die gesamten Aufschließungskosten selbst bezahlen.

Geförderte Wohnungen

Gemeinnützige Bauträger dürfen bei geförderten Wohnungen einen Grundstückspreis von maximal 300 Euro/ weiterverrechnen. Um den Preis gibt es in Ballungszentren nichts zu kaufen. Bauträger haben zwei Möglichkeiten. Sie bauen auch frei finanzierte Wohnungen, bei denen sie die Grundstückskosten über 300 Euro/ unterbringen, oder sie bauen nicht.

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