Gas-Pipeline Turkstream wackelt nach wie vor

Gazprom-Chef Miller kommt in der Türkei kaum weiter.
Russland/Türkei.Streit um Aufteilung der Kosten und Umwelt-Auflagen. Rolle Griechenlands ist noch unklar.

Die Pressestelle von Gazprom verströmte nach dem Treffen von Konzernchef Alexej Miller mit dem türkischen Energieminister Taner Yıldız in der Vorwoche in Ankara Optimismus pur. Die Gespräche seien wichtig und konstruktiv gewesen. Beide Seiten hätten sich darüber verständigt, dass Turkstream – eine Gaspipeline, die Russland auf dem Boden des Schwarzen Meeres verlegen will, um die Türkei sowie Südosteuropa stabil mit Gas zu versorgen – im Dezember 2016 ans Netz gehen soll. Gazprom, so Miller weiter, werde sich beim Zeitplan für das Projekt an die erzielten Vereinbarungen halten. Die türkischen Partner hielten sich bedeckt: Vor Abschluss eines juristisch verbindlichen Vertrags müssten Umweltschutz-Auflagen erfüllt werden. Auch stehe der Preis noch nicht fest.

Und genau deshalb treten die Verhandlungen zwischen Gazprom und dem türkischen Staatskonzern BOTAS, dem beim Bau der 1100 Kilometer langen Pipeline und des gigantischen Verteiler-Hub an der griechischen Grenze zufallen soll, seit Wochen auf der Stelle.

Zwar verständigten sich der türkische Präsident Recep Erdoğan und Kremlchef Vladimir Putin schon bei dessen Besuch im Dezember über das Projekt, das die Ukraine als Transitland überflüssig macht und Griechenland dazu aufwerten soll. Und bereits nach rekordverdächtigen acht Tagen brachten Gazprom und BOTAS eine entsprechende Absichtserklärung zu Papier. Doch die verpflichtet niemanden zu nichts. Ein Abkommen indes scheiterte bisher am Gerangel um Preisnachlässe.

Zwar hatte Putin, um die junge Männerfreundschaft zu besiegeln, auch für BOTAS saftige Rabatte zugesagt. Doch die Türkei subventioniert die Endverbraucherpreise des Staatskonzerns. Damit dieser nicht besser dasteht als private türkische Importeure, die Gazprom ebenfalls beliefert, soll BOTAS weniger Nachlass abfassen.

Zermürbung

Ohne Einigung über den Preisnachlass will BOTAS nicht über den Pipelinebau verhandeln. Beide, so ein Insider, der anonym bleiben wollte, würden versuchen, den jeweils anderen "zu zermürben". Obwohl die einen wie die anderen dabei nur Nachteile haben. Gazprom ist bereits in die Vorleistungen gegangen. Allein die Kosten für die gecharterten Schiffe, die die Rohre auf dem Seeboden verlegen sollen und seit Februar im bulgarischen Varna vor sich hindümpeln, belaufen sich inzwischen auf einen zweistelligen Millionenbetrag. Verzögerung oder gar ein Scheitern des Projekts, was Kenner der Materie nicht ausschließen, würde Russlands Position in Südosteuropa untergraben, wo sich, wie die Moskauer Wirtschaftszeitung Kommersant schreibt, gerade erst ein "Freundeskreis Gazprom" gebildet hat: Mazedonien, Serbien, vor allem aber die EU-Mitglieder Griechenland und Ungarn.

An Griechenland könnte das Vorhaben scheitern, warnt das Blatt. Das Land laviere zwischen Russland und dem Westen. So kam Regierungschef Alexis Tsipras nun doch nicht zum Tag des Sieges nach Moskau: Er hatte bei seinem Besuch im April statt materieller nur moralische Unterstützung bekommen.

BOTAS dagegen muss, solange die Differenzen nicht beigelegt sind, Gas zu alten, überzogenen Preisen importieren und derzeit für 1000 Kubikmeter 374 Dollar berappen. Der Bedarf der Türkei hat sich in den letzten zehn Jahren mehr als verdoppelt.

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