Fünf Rezepte gegen den Fachkräftemangel

Die Ausbildungsbeihilfe für über 18-Jährige wird ab September gekürzt.
71.000 offene Stellen beim AMS: Betriebe müssten einfach mehr tun, um gute Mitarbeiter zu finden, meinen Personalprofis.

Die Frühjahrsbelebung am heimischen Arbeitsmarkt sorgt für einen neuerlichen Rekordwert an offenen Stellen. Ende April waren beim AMS 71.000 Jobs sofort verfügbar, um 28 Prozent mehr als vor einem Jahr. Dazu kommen knapp 20.000 offene Lehrstellen, wobei zwei Drittel davon erst ab Herbst verfügbar sind. Als Reaktion auf den sich zuspitzenden Fachkräftemangel beginnen die Betriebe mit der Suche nach Lehrlingen immer früher. Für Personalberater ein logischer Schritt. Bei Hochkonjunktur müssten die Unternehmen einfach mehr tun, um gutes Personal zu finden, so der Grundtenor. Raunzen allein helfe nicht. Der  KURIER fasst die wichtigsten Schritte gegen die Personalkrise zusammen:

1. Besser bezahlen

In den am meisten nachgefragten Berufen sind die Gehälter zuletzt steil nach oben gegangen, was aber noch nicht in allen Personalbüros angekommen ist. „200 Euro im Monat mehr kann aber schon zu einem Jobwechsel führen“, meint Silke Kurz, Expertin für Employer Branding bei der Personalberatung Iventa. Auch höhere Lehrlingsentschädigungen sind ein Thema. Forderungen der Gewerkschaftsjugend nach einer generellen Mindestentlohnung von 700 Euro im Monat blieben zuletzt ungehört, der Wettbewerb um die besten Köpfe sorgt aber bereits für freiwillige Höherzahlungen und Boni, etwa im Handel. Kleine Handwerksbetriebe können da nur schwer mithalten. Sie punkten aber mit der persönlichen Ebene, die laut Kurz noch besser an potenzielle Bewerber kommuniziert werden muss: „Wer bin ich? Was zeichnet mich als Betrieb aus?“

2. Allianzen schließen

Der Fachkräftemangel ist kein Einzelschicksal, er betrifft oft ganze Branchen und Regionen. Mit gemeinsamen Initiativen mehrerer Unternehmen gelingt es leichter, Aufmerksamkeit bei der Zielgruppe zu erreichen. Ein gutes Beispiel dafür ist die ARGE Lehrbetriebe Ybbstal in Niederösterreich, die eigene „Karriere Clubbings“ für Jugendliche organisiert. Von Betrieben in Wien noch zu wenig genutzt werden auch Kooperationen mit der überbetrieblichen Lehrausbildung. Das AMS Wien veranstaltet dazu am 8. Mai eine Lehrstellenbörse, an der 500 Jugendliche teilnehmen.

3. Zeitgemäß werben

Die Art der Personalsuche sei bei vielen Betrieben veraltet, weiß HR-Expertin Manuela Lindlbauer von Lindlbauer Personalmanagement und rät zur „Rekrutierung 4.0“. „In digitalen Zeiten gehören Social-Media-Auftritte, Videobotschaften, Online-Inserate und das Hineingehen in diverse Blogs einfach dazu.“ Um gutes Personal zu finden, sei es ein Muss, sich als attraktiver Arbeitgeber zu präsentieren und am Image zu feilen. „Wer ein sexy Image hat, findet auch leicht Personal.“ Egal ob großer oder kleiner Betrieb. Als Beispiel nennt sie die E-Mobilitäts-Firma Kreisel im Mühlviertel.

4. Suche ausweiten

Allen Migrationsdebatten zum Trotz: Schon jetzt werden zwei Drittel aller zusätzlichen Jobs mit Nicht-Österreichern besetzt. Der überwiegende Teil kommt aus dem EU-Raum, vor allem aus Deutschland, Ungarn und Rumänien. Während für Großbetriebe das Anwerben qualifizierter Arbeitskräfte aus dem Ausland längst Routine ist, hätten kleinere Betriebe damit noch ihre liebe Not, berichtet Lindlbauer. Der Aufwand ist entsprechend höher. Es können aber auch weniger gut Qualifizierte eingestellt und entsprechend geschult werden. Aus- und Weiterbildung im Betrieb soll im Zuge der geplanten Fachkräfteoffensive noch stärker gefördert werden.

5. Ältere einstellen

Die demografische Entwicklung wirkt sich unmittelbar auf das Arbeitskräfteangebot aus, der Personalpool 50plus wächst kontinuierlich. Viele Betriebe können sich aber offenbar leisten, Bewerber über 50 Jahre erst gar nicht zum Bewerbungsgespräch einzuladen. Sie verzichten damit oft auf Fachkräfte mit Erfahrungsschatz. Das AMS bietet Betrieben, die ältere Arbeitslose einstellen, großzügige Eingliederungshilfen, was das Argument der höheren Kosten relativiert. Einen besonderen Kündigungsschutz gibt es bei Neueinstellungen nicht.

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