Fülle an Handy-Fotos als Umsatzturbo

Fülle an Handy-Fotos als Umsatzturbo
Marktführer Cewe aus Deutschland produziert sechs Millionen Stück Fotobücher im Jahr

Auch im bevorstehenden Sommerurlaub werden wieder viele Menschen ihr Handy statt eines Fotoapparats zücken, um schnell und unkompliziert Schnappschüsse zu machen. „Jeder hat dank Handy immer eine Kamera dabei“, sagt Thomas Mehls. „Viele Handybilder dienen aber nur in diesem Moment der Kommunikation“, sagt das Vorstandsmitglied des deutschen Fotoausarbeiters Cewe und erinnert an das oft sofort erfolgte Teilen des Bildes in diversen sozialen Netzwerken. „Die Relevanz nimmt dramatisch ab.“ Und dennoch: 40 Prozent aller bei Cewe entwickelten Bilder kommen schon von Smartphones.

Der Konzern hat das Potenzial des Smartphones schon vor einiger Zeit erkannt und bietet über Apps die Möglichkeit, Bilder zur Ausarbeitung zu übermitteln. Mit der digitalen Fotografie ist zwar laut Österreich-Geschäftsführer Ewald Hahn die Ausarbeitung wieder zurückgegangen. Fotoalben seien aber zum großen Geschäft geworden. Dabei ist die Reisezeit für Cewe ein sicheres Geschäft. „Der Anlass für ein Fotobuch ist oft eine große Reise“, sagt Mehls. Zudem diene ein solches Buch auch als selbst gestaltetes Geschenk, in das viele Stunden investiert würden. „Mit dem Computer-Assistenten ginge es in fünf Minuten, aber das wollen nur die wenigsten.“

Inzwischen ist laut den beiden Managern das Fotobuch zu einem Kern-Produkt des 1912 gegründeten, börsenotierten Konzerns geworden, sechs Mio. Stück werden jährlich produziert, in Europa ist man mit Marktanteilen von bis zu 50 Prozent in vielen Ländern führender Anbieter, so auch hierzulande. „Die Österreicher sind extrem Foto-affin“, sagt Hahn. Zehn Prozent aller ausgearbeiteten Bilder seien aus Österreich.

Skepsis

Der Erfolg war nicht absehbar, im Gegenteil. „Es braucht doch niemand ein Fotobuch“, habe es Anfang der 2000er-Jahre geheißen, erzählt Mehls. Trotzdem habe man daran festgehalten und sei seit 2010 Marktführer. „Niemand hatte daran gedacht, welche Bedeutung das Buch bekommen wird.“

Kein Endverbraucher habe früher Cewe gekannt, für den Handel sei der Konzern aber ein wichtiger Frequenzbringer geworden. Denn wer über die Fotostationen in den Geschäften Bilder ausarbeiten lasse, kaufe durchaus auch gleich andere Produkte. Inzwischen sei Cewe auch bei Endkunden zu einer Marke geworden.

Das Fotobuch erwies sich auch insofern als richtige Entscheidung, da ab 2003 mit der Digitalisierung der Fotografie die Ausarbeitung zurückging. „Es gab in Europa mehr als 20 Labore, das führte zu einem dramatischen Preisverfall“, so Mehls.

Heute sind 3600 Cewe-Mitarbeiter u.a. in europaweit zwölf Produktionsstätten tätig. „Wir sind kein Industriebetrieb, sondern eine Manufaktur“, sagt Mehls und begründet dies damit, dass am Ende des Produktionsprozesses jedes Buch händisch kontrolliert werde. Die Reklamationsquote liege deutlich unter einem Prozent.

Im ersten Quartal legte der Konzernumsatz zum Vorjahreszeitraum um 10,1 Prozent auf 130,6 Mio. Euro zu, wobei auf die Ausarbeitung (inkl. Fotobücher) 94,5 Mio. Euro entfielen. Das operative Ergebnis lag stabil bei 0,6 Mio. Euro.

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