Frutura-Chef: „Wir müssen alles zu Tode verpacken“

Frutura-Chef: „Wir müssen alles zu Tode verpacken“
Die Verpackung koste oft schon mehr als das Produkt selbst, sagt der Obst- und Gemüsehändler. Den Bauern richtet er aus, sie sollen weniger jammern

Ob Putin den Gashahn auf- oder abdreht, ist dem Chef des laut eigenen Angaben größten Obst- und Gemüselieferanten Österreichs relativ egal. Frutura-Chef Manfred Hohensinner heizt seine Bad-Blumauer Glashäuser – die sich über eine Fläche so groß wie 30 Fußballfelder erstrecken – mit Thermalwasser. Sein gesamter Betrieb – zu dem auch eine Bananenreiferei gehört – arbeitet laut Hohensinner CO2-neutral. Und das im großen Stil. „Wir bewegen jährlich 230.000 Tonnen Obst und Gemüse für die Spar-Gruppe“, sagt der Steirer und beziffert seinen Jahresumsatz mit 500 Mio. Euro.

Klingt nach einem Vorzeigeunternehmer, mit dem sich Politiker gern ablichten lassen. Hohensinner winkt ab. „In meinem Betrieb (Gegründet 2002, Anm.) war noch kein einziger Landwirtschaftsminister. Ich gelte als Bauernrebell.“ Er sei aus allen landwirtschaftlichen Verbänden ausgeschlossen worden. „Weil ich den Lebensmitteleinzelhandel als Partner sehe, sehen mich Bauernvertreter als Feind“, holt er zum Rundumschlag aus.

„Sollen aufhören zu jammern“

Denn Bauern in Österreich würden zu viel billige Massenware produzieren. Die Überproduktion gehe dann in den Export, wo sie zu Weltmarktpreisen verkauft wird. Also zu Preisen, zu denen die kleinstrukturierte heimische Landwirtschaft nicht profitabel wirtschaften kann. „Statt dauernd zu jammern, sollten die Bauern weniger, dafür in besserer Qualität produzieren“, findet Hohensinner. Ob das der Konsument bezahlt? Bei seinen Blumauer Tomaten würde das jedenfalls funktionieren. „Ja, man zahlt mehr, aber dafür haut man auch weniger weg.“

Den Vorwurf der Agrarier, dass sein Großbetrieb mit 850 Mitarbeitern Kleinbauern Geschäft wegnimmt, bezeichnet Hohensinner als „Schwachsinn“. Er rechnet vor, dass Österreich bei Tomaten einen Jahresbedarf von 300.000 Tonnen hat, die heimische Produktion aber bei nur 55.000 Tonnen liege. „Davon kommen 9.000 von Frutura.“

Die Zeiten des Überflusses seien aber vorbei – Stichwort Klimawandel. In Spanien verfault gerade der Eisbergsalat am Feld, weil es zu viel geregnet hat, in Österreich sind die Böden staubtrocken. Und der Selbstversorgungsgrad Österreichs sinkt. Bei Gemüse liegt er laut Hohensinner bei nur 55 Prozent. Bauernvertretern sollten weniger jammern und professioneller agieren, so sein Standpunkt.

"Nach zwei Stunden wäre alles Matsch"

Auch in Richtung Konsumenten teilt er aus. Weil der typische Österreicher offenbar zwanghaft auf jede Tomate, Kiwi und Avocado im Supermarkt draufdrücken müsse, bevor er sie kauft, „müssen wir alles zu Tode verpacken. Würden wir das nicht machen, wäre 20 Prozent der Ware nach zwei Stunden Matsch. In Italien würde das nie passieren“, ärgert sich Hohensinner. Die Verpackung kostet naturgemäß Geld, was sich im Verkaufspreis der Ware niederschlägt. Müsste die Industrie weniger verpacken, wäre Obst und Gemüse auch billiger, so der Unternehmer, der an der Verpackungsfront gerade mit Preissteigerungen von 30 Prozent kämpft. Könnte die Ware lose verkauft werden, könnte sie je nach Produkt um 20 bis 30 Prozent billiger verkauft werden, schätzt er. Mitunter koste die Verpackung schon mehr als das verpackte Gemüse selbst.

Der Ruf nach plastikfreier Verpackung werde jedenfalls erhört. Um Feuchtigkeitsschäden im Karton zu verhindern, müsse dieser aber beschichtet werden. Und es braucht ein Sichtfenster, weil der Konsument sehen will, was in der Packung ist. Sein Fazit: „Zum Schluss ist die CO2-Bilanz schlechter als bei Plastik.“

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