Online-Handel wird zum Jobkiller

A worker packs boxes at Amazon's logistics centre in Graben near Augsburg December 17, 2012. REUTERS/Michael Dalder (GERMANY - Tags: BUSINESS)
Online-Riesen wie Zalando und Amazon gefährden Tausende Arbeitsplätze im Verkauf.

Das Smartphone wird zum „Schrecken der Verkäufer“. Mittels integriertem Barcode-Scanner, der über die Ware gezogen wird, weiß der Kunde im Sportgeschäft in Sekundenschnelle, wie viel die Skihose beim deutschen Online-Händler Zalando kostet. Die neue, umstrittene Zalando-App ermöglicht auch sogleich die Bestellung samt Gratis-Zustellung. Sportartikel-Verkäufer Hannes S. fühlt sich zunehmend unter Druck gesetzt: „Der Kunde kommt dann zu mir und sagt, ich will die Skihose um 30 Prozent billiger, sonst kauf ich sie im Internet.“ Erfüllt er den Kundenwunsch nach Preisnachlass, „rationalisiere ich bald meinen eigenen Job weg“.

„Zalando-Effekt“ nennen Handelsexperten diesen neuen Frontalangriff aus dem Internet, der eine Schließungswelle im Schuh-, Mode- und Sportartikelhandel auslösen könnte. Kunden nutzen Geschäfte zum Schauen, Beraten und Probieren, aber bestellen online woanders – zumeist bei einem ausländischen Anbieter. „In fünf Jahren wird 25 Prozent des Fashion-Bereichs online verkauft werden“, prognostiziert Wolfgang Richter, Chef des Standortberaters RegioPlan, für Österreich.

Weil der Umsatzkuchen im Einzelhandel stagniere, werde die Marktbereinigung „massiv beschleunigt“. Schon heuer wird es laut RegioPlan weniger neue Standorte im Handel geben. Neue Filialen gäbe es fast nur noch an hochfrequentierten Lagen wie Einkaufszentren. Richter schätzt, dass durch Ladenschließungen in den nächsten fünf Jahren bis zu 20 Prozent der Arbeitsplätze im Mode- und Sporthandel wegrationalisiert werden könnten. Sport Eybl ist ein erstes prominentes Beispiel. „Im Elektronik- sowie Musik- und Filmbereich ist diese Entwicklung jetzt schon im Gange, da verschwinden viele Läden von der Bildfläche“, so Richter.

Buchhandel

Im heimischen Buchhandel schneidet sich der US-Riese Amazon bereits 15 Prozent des Umsatzkuchens ab und bringt mittlerweile auch Branchenriese Thalia ins Trudeln. Weil das Buchgeschäft allein zu wenig einbringt, muss Thalia die Stores an Cafés, PC-Händler oder Reisebüros untervermieten und das Sortiment ausweiten.

Karl Pus, Branchensprecher der Buchhändler in Niederösterreich, sorgt sich um die 20.000 Jobs in der heimischen Buch- und Medienwirtschaft: „Amazon beschäftigt keine einzige Person in Österreich, zahlt demnach keine Steuern und Sozialabgaben. Wenn es immer mehr Amazons gibt, bricht unser Sozialsystem irgendwann zusammen.“ Dieser Aspekt, so Pus, sei den Kunden zu wenig bewusst. Wie er darauf reagiert? „Wir kleinen Buchhändler müssen halt zum Kaffeehaus werden, immer wollen die Leute ja auch nicht im Internet sein.“

Milliardenumsatz

Fest steht, dass immer mehr Kunden ins Web abwandern. 2011 sind die Online-Umsätze in Österreich um ein knappes Drittel auf 2,1 Milliarden Euro geklettert, hat das EHI Retail Institute Köln errechnet. Für 2012 gibt es noch keine Zahlen. Zwar ist der Anteil am Einzelhandelsumsatz mit vier Prozent noch bescheiden, doch die rasanten Zuwächse bereiten vielen Händlern Kopfzerbrechen.

Die Berliner Zalando GmbH etwa schaffte es mit viel Risikokapital binnen nur vier Jahren vom Start-up zum Milliardenkonzern und macht der Offline-Konkurrenz das Leben schwer. Für die deutsche Schuhhandelskette Leiser war es der Todesstoß, Mitbewerber Görtz muss 30 seiner 260 Filialen schließen. Österreichs Marktführer Leder & Schuh (Humanic, Stiefelkönig, Shoe4You, Jello) sperrte zwar Filialen in Osteuropa zu, will aber vom „Zalando-Effekt“ hier zu Lande (noch) nichts gespürt haben. „In Deutschland ist die Situation durch die starke Versandhandelstradition extremer“, sagt Vorstand Peter Horvath. „Ich glaube, dass wir trotz Zalando unsere Marktposition in Österreich halten können.“

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