Frauen in Vorständen werden mit "weiblichen" Aufgaben betraut

Frauen in Vorständen werden mit "weiblichen" Aufgaben betraut
In Österreich beträgt der Frauenanteil an der Spitze von börsennotierten Unternehmen 7,3 Prozent.

Forscherinnen der Universität Salzburg und Innsbruck haben untersucht, wie Unternehmen auf den steigenden gesellschaftlichen und politischen Druck reagieren, Vorstandspositionen mit Frauen zu besetzen und mit welchen Funktionen "Quotenfrauen" in Chefetagen betraut werden. Ihre Vergleichsstudie mit 172 börsennotierten Firmen aus fünf europäischen Ländern zeigt, dass Frauen in Vorständen überdurchschnittlich oft das als weiblich konnotierte Personalwesen übertragen wird.

In Österreich ist dieser Aspekt allerdings nicht ausgeprägt, teilte die Paris Lodron Universität Salzburg (PLUS) am Donnerstag mit. Überall aber sind Frauen im Vorstand immer noch eine Seltenheit. In den 172 Vorständen börsennotierter Unternehmen in Österreich, Deutschland, Frankreich, Spanien und Schweden befanden sich unter den 1.543 Vorstandsmitgliedern 240 Frauen.

In Österreich beträgt der Frauenanteil an der Spitze von börsennotierten Unternehmen 7,3 Prozent. Frauenquoten sind eine politische Maßnahme für die gleichberechtigte Teilhabe von Frauen an Führungspositionen, schreiben die Wissenschafterinnen.

Die Wirtschaftswissenschafterinnen Astrid Reichel, Isabella Scheibmayr (beide Universität Salzburg) und Julia Brandl (Universität Innsbruck) haben untersucht, in welchen Funktionen Frauen in Vorständen aktiv sind. Ihre Ergebnisse wurden vor kurzem im "Human Resource Management Journal" veröffentlicht - siehe http://go.apa.at/QDYkpiiP. Die fünf Länder wurden ausgewählt, weil es dort "einen sehr unterschiedlich ausgeprägten gesellschaftlichen und gesetzlichen Druck gibt", so Reichel, Professorin für Human Resource Management an der PLUS.

Ihr Resümee: "Institutioneller Druck bringt Frauen in den Vorstand, und Organisationen reagieren darauf auf eine Weise, die den Geschlechterstereotypen folgt, sodass es auch in Vorständen zu horizontaler Segregation entlang der Funktionen kommt. Für die betroffenen Funktionen, allen voran das Personalwesen, kann ihr vermehrtes Repräsentiert-Sein in Vorständen aber mit Statusgewinnen einhergehen."

"In Frankreich gibt es einen hohen gesellschaftlichen Druck und eine gesetzliche Geschlechterquote. Deutschland führte 2016 eine gesetzliche Mindestquote von Frauen für den Aufsichtsrat ein und verpflichtete Unternehmen überdies dazu, sich für den Vorstand selbst eine Quote zu setzen", sagt Reichel. Der neue Gesetzesvorstoß in Deutschland von Anfang 2020 sehe für Vorstände vor, dass diese nun mindestens eine Frau enthalten müssen und ein selbstgesetztes Ziel von "null Frauen" nicht mehr gilt.

In Spanien gebe es ebenfalls eine Geschlechterquote für das Executive Board, jedoch mit fehlenden Sanktionsmöglichkeiten. In Österreich gibt es eine gesetzliche Verpflichtung für den Aufsichtsrat, aber keine für den Vorstand. "Schweden beispielsweise hat hohe normative Anforderungen an Unternehmen, jedoch keine gesetzliche Verpflichtung, Vorstandspositionen mit Frauen zu besetzen. In Frankreich gibt es einen hohen gesellschaftlichen Druck und eine gesetzliche Geschlechterquote", so Reichel.

Die Forscherinnen haben in ihrer Vergleichsstudie festgestellt, "dass Organisationen bei sozialem und rechtlichem Druck hinsichtlich Geschlechtergerechtigkeit damit reagieren, dass sie Frauen mit Funktionen im Vorstand betrauen, die weiblich konnotiert und stereotypisiert sind". Entsprechend zeige sich eine systematische Überrepräsentation von Frauen als Personalvorstand, so Reichel. Aufgefallen ist den Wissenschafterinnen auch, dass der Bereich Personalmanagement überhaupt oft erst mit Frauen in den Vorstand kommt, so Co-Autorin Scheibmayr von der Human Resource Management Group der Universität Salzburg.

Der beobachtete Effekt sei nicht auf ein erhöhtes weibliches Arbeitsangebot im Bereich des Personalmanagements zurückzuführen. Reichel: "Der Effekt, dass Frauen als Personalchefs überrepräsentiert sind, zeigt sich nur in Ländern mit hohem institutionellem Druck, Vorstandspositionen mit Frauen zu besetzen. Wo kaum Druck vorhanden ist - wie in Österreich - sind die wenigen Frauen auf der Vorstandsebene nicht systematisch häufiger für das Personalwesen zuständig als für andere Funktionen, obwohl sie auch in diesen Ländern auf unteren Ebenen die Mehrheit des Human-Resource-Management-Personals stellen."

Die Wissenschafterinnen halten grundsätzlich fest, dass der Posten der Personalvorstands in der "heimlichen Vorstandshierarchie" weniger wert sei als etwa der Vorstandsposten für Finanzen. In der Studie zitieren sie dazu einen "zynischen Kommentar" aus der "Frankfurter Allgemeinen Zeitung" (FAZ): "Frauen werden, so sie denn mal in einen Vorstand berufen werden, bevorzugt mit dem Personalressort betraut, in der - natürlich nur hinter vorgehaltener Hand geäußerten - Annahme, dort könnten Sie am wenigsten Schaden anrichten."

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