Frankreichs Superreiche wollen in die Schweiz

Immer mehr französische Millionäre erkundigten sich bei Anwälten über das Vorgehen für einen Umzug in die Schweiz.

Angesichts der vom sozialistischen Präsidenten Francois Hollande angekündigten Millionärssteuer erwägen viele Superreiche, in die Schweiz auszuwandern. Der Waadtländer Steueranwalt Philippe Kenel berichtet, dass er in den vergangenen Wochen mehrere Anrufe von sehr reichen Franzosen erhalten habe. "Sie sind in Warteposition", sagt er der Nachrichtenagentur sda. Die Anrufenden erkundigten sich über das Vorgehen für einen allfälligen Umzug in die Schweiz. Der Finanzdirektor des Westschweizer Kantons, Pascal Broulis, rechnet zunächst nicht mit einem Zustrom von Millionären.

Die Präsentation des Sparbudgets in Paris für 2013 am Freitag dürfte für Vermögende ein starkes Signal gewesen sein. Frankreich will mit zusätzlichen Einkommens- und Vermögenssteuern für Private zehn Milliarden Euro mehr einnehmen. Geplant ist zudem eine Reichensteuer von 75 Prozent auf Einkommen oberhalb einer Million Euro.

Kenel berichtet, dass noch vor Jahresende mehrere französische Superreiche in die Romandie umziehen würden, vor allem in die Kantone Genf, Waadt und Wallis, sagt Kenel. Normalerweise berät er zehn bis 15 Neuzuzüger pro Jahr. Zwischen Jänner und April 2012 dagegen waren es zwölf und seit der Ankündigung der höheren Steuergesetze in Paris im Juni weitere fünf. "Es gab einen starken Zuwachs vor der Wahl von Präsident Francois Hollande, und ich bin überzeugt, dass wegen der Erhöhung der Vermögenssteuer weitere Millionäre schnell in die Schweiz kommen."

Der Notar und Anwalt Manuel Piquerez aus Pruntrut (Kanton Jura) glaubt ebenfalls an einen vermehrten Zuzug von superreichen Franzosen. Immer mehr Franzosen wollten sich dabei im Kanton Jura niederlassen, weil dieser im Gegensatz zur Genfersee-Region noch frei von Überbauungen sei und mit dem Hochgeschwindigkeitszug TGV gut an Paris angebunden sei. Auch Möglichkeiten, Geld anzulegen, könnten Franzosen in den Jura locken, sagt Piquerez, der zehn Reiche aus dem Nachbarland zu seinen Klienten zählt. Investitionen in Miethäuser brächten derzeit mehr ein als an der Börse platzierte Gelder.

Broulis glaubt nicht an einen Zustrom von Millionären in den kommenden Monaten. Sie würden sich erst nach langen Überlegungen entscheiden, argumentiert der Finanzdirektor von Waadt (Vaud). Zudem würden große Vermögen nicht nur in die Schweiz verlegt, sondern auch und vor allem nach Belgien, Luxemburg oder Grossbritannien. Wegen der pauschalen Besteuerung von Ausländern und auch wegen des starken Frankens sei die Schweiz gegenüber diesen Staaten im Nachteil, sagt Broulis. Ein weiteres Argument: Viele Reiche fühlten sich in der Eurozone sicherer. "Die Situation der Schweiz nehmen sie als nicht stabil war, vor allem in Bezug auf ihre Beziehungen mit dem Ausland und das Bankgeheimnis."

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