Forscher warnen vor teuren Subventionen für Bioenergie mit CO2-Abscheidung

Forscher warnen vor teuren Subventionen für Bioenergie mit CO2-Abscheidung
Wissenschafts-Akademien-Dachverband: Potenzial kleiner als angenommen - "Nicht Milliarden von Steuergeldern in Technologien stecken, die möglicherweise nicht halten, was sie versprechen"

In der EU wird derzeit zur Senkung der CO2-Emissionen der verstärkte Einsatz von Bioenergie in Verbindung mit CO2-Abscheidung und -Speicherung (BECCS) diskutiert. Die Dachorganisation der europäischen Wissenschafts-Akademien EASAC äußert sich nun kritisch zu der Methode, deren Potenziale kleiner als angenommen seien. Es sollten daher "nicht Milliarden von Steuergeldern in Technologien fließen, die möglicherweise nicht halten, was sie versprechen", betonen die Forscher.

Biomasse werde in Europa als Quelle für erneuerbare Energie in erheblichem Umfang subventioniert, heißt es in einem diese Woche veröffentlichten Kommentar der EASAC, der auch die Österreichische Akademie der Wissenschaften (ÖAW) angehört. Auch auf eine Begrenzung der Erderwärmung abzielende Klimaszenarien sehen einen sehr starken Anstieg der Bioenergienutzung voraus. Ein erheblicher Anteil davon könnte aus Wäldern stammen - entweder direkt durch Ernte oder indirekt durch deren Ersatz durch Energiepflanzen. Diese Biomasse soll dann Bioenergieanlagen speisen, die mit Technologien zur Kohlenstoffabscheidung und -speicherung ausgestattet sind, um so CO2 netto aus der Atmosphäre zu entfernen.

Weniger Potenzial als erhofft

Die politischen Entscheidungsträger sollten jedoch genau hinsehen, bevor sie sich auf diese Technologie stürzen, erklärte Michael Norton, Direktor des EASAC-Umweltprogramms, in einer Aussendung. "Das tatsächliche Potenzial von BECCS steht in starkem Kontrast zu der herausragenden Rolle, die es in vielen Szenarien einnimmt."

Als Grund nennt er u.a. "gut versteckte Schwächen" in den Modellen. Viele davon würden die Tatsache ignorieren, dass verschiedene Rohstoffe unterschiedliche Kohlenstoff-Rücklaufzeiten haben. Dabei geht es um die Zeit, die benötigt wird, um die erhöhten Emissionen aus Biomasse durch die Wiederaufnahme von CO2 durch das Nachwachsen des geernteten Holzes auszugleichen. Zudem würden viele Modelle fälschlicherweise davon ausgehen, dass alle Bioenergien kohlenstoffneutral seien.

Weniger Effizienz als erhofft

Die Wissenschafter halten weiters die Annahmen über die Effizienz von BECCS und den Abbau von Kohlendioxid beim derzeitigen Stand der Technik für zu optimistisch. Zudem gebe es unrealistische Schätzungen was die Menge an verfügbarer Biomasse betrifft, die nachhaltig ist und nicht mit anderen Bereichen, etwa der Nahrungsmittelproduktion oder der Erhaltung von Ökosystemen kollidiere.

Die EASAC-Analyse ortet daher ein erhebliches Risiko, dass der Nettoabbau von CO2 nicht erreicht werde oder sich dieser Abbau über den kritischen Zeitraum hinaus verzögere, in dem versucht werde, die Ziele des Pariser Klimaabkommens zu erreichen. "In einer Welt, in der Land knapp ist und konkurrierenden Ansprüchen unterliegt, ist es wichtig zu erkennen, dass die für die Erzeugung von Energie aus Biomasse benötigte Fläche 50 bis 100 Mal größer ist als die für Solar- und Windenergie, so dass die Landnutzung für Bioenergie ineffizient ist", heißt es in dem Papier.

"Wir behaupten nicht, dass BECCS niemals eine Option werden kann. Aber solange die zugrunde liegenden Annahmen über die Verfügbarkeit und die Kohlenstoffrückzahlungszeiträume der verschiedenen Biomasserohstoffe nicht verfeinert wurden sowie die Vorteile und die Machbarkeit von BECCS nicht bewiesen sind, sollten die EU und die nationalen Regierungen keine Subventionen anbieten", erklärte der Direktor des EASAC-Energieprogramms, William Gillett.

Die Wissenschafter empfehlen aufgrund des bisherigen Kenntnisstandes, BECCS-Projekte nur in begrenztem Umfang mit lokalen Rohstoffen durchzuführen. Als ideal erachten sie BECCS-Optionen, bei denen Abfälle oder Reststoffe energetisch verwertet werden, die keine höherwertige Verwendung haben und ansonsten entsorgt würden.

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