Fonds-Debakel: VKI gewinnt Prozess gegen Hypo

Fonds-Debakel: VKI gewinnt Prozess gegen Hypo
Anlegern wurde Schadenersatz zugesprochen, Berater sagte, ein Totalverlust sei nur bei einem Weltkrieg möglich.

Der Verein für Konsumenteninformation (VKI) führt im Auftrag des Sozialministeriums Musterprozesse und drei Sammelklagen gegen die Hypo Steiermark durch. Vor wenigen Tagen hat das Oberlandesgericht Graz (OLG Graz) in dem Verfahren um drei geschlossene Fonds (Holland 53, Leben Plus V, Mahler Star) des Hamburger Emissionshauses MPC Münchmeyer Petersen Capital AG die Hypo Steiermark verurteilt. Sie muss den Klägern, einem Lehrer-Ehepaar, Schadenersatz wegen Falschberatung über die sogenannten „Weichkosten“ der geschlossenen MPC-Fonds leisten. Insgesamt geht es um 33.257 Euro plus vier Prozent Zinsen pro Jahr - seit Ende November 2012. Dazu kommen noch 18.730 Euro Verfahrenskosten. Ein Mitverschulden der Anleger wurde ausdrücklich verneint. Das Urteil ist nicht rechtskräftig. Die ordentliche Revision wurde zugelassen. Das heißt: Die Bank kann das Urteil noch beim Obersten Gerichtshof (OGH) bekämpfen.

Hohe Innenprovisionen

„Ein Lehrerehepaar hatte 2004 bis 2005 über Vermittlung der Hypo Steiermark drei Geschlossene Fonds des Hamburger Emissionshauses MPC Münchmeyer Petersen Capital AG erworben und je 10.000 Euro in einen Schiffs-, einen Holland-Immobilien- und einen Lebensversicherungsfonds investiert“, heißt es dazu vom VKI. Wäre das Ehepaar vom Berater über die hohen Weichkosten aufgeklärt worden, so hätte es die Fonds nicht erworben. Zur Erklärung: Unter Weichkosten versteht man all jene Kosten und Provisionen, die beim Start eines Fonds entstehen. In diesem MPC-Fall sind diverse Beträge für Dienstleistungen an verschiedene MPC-Tochterfirmen vom jeweiligen eingezahlten Kapital geflossen: 17 Prozent beim Fonds Leben Plus V, 21 Prozent beim Immobilien-Fonds Holland 53, bis zu 34 Prozent beim Schiffs-Fonds Mahler Star. Dazu kam noch ein Ausgabeaufschlag von fünf Prozent.

Bedeutsame Umstände

„Der deutsche Bundesgerichtshof (BGH) vertritt die Rechtsansicht, dass es auch zu den für die Anlageentscheidung des Anlegers bedeutsamen Umständen im Hinblick auf eine Verknüpfung mit der Werthaltigkeit des Objekts gehört, wenn in dem Gesamtaufwand für eine Immobilienanlage, die im Prospekt als rentables Renditeobjekt dargestellt wird, erheblich überdurchschnittliche Innenprovisionen stecken", heißt es im Urteil auf Seite 13. „Der Anleger muss über einen Mittelabfluss dieser Art, jedenfalls dann, wenn er 15 Prozent überschreitet, generell unterrichtet werden." Nachsatz: „Für die Anlageentscheidung ist nach dem BGH von wesentlicher Bedeutung und damit aufklärungswichtig, in welcher Höhe der Anlagebetrag nicht dem Kapitalstock der Anlage zufließt oder nicht in den Gegenwert der Immobilien investiert wird.“ Das OLG Graz schließt sich dieser Ansicht an.

Kapitalmarktprospekt nie gesehen

„Das Verfahren ergab, dass der Hypo-Berater zwar über das Agio von fünf Prozent Bescheid wusste, jedoch nichts über andere Weichkosten, über die er hätte aufklären müssen", heißt es dazu vom VKI. Der Berater hatte den entsprechenden Kapitalmarktprospekt nie gesehen. „Die Beratung allein aufgrund der Informationen des Verkaufsprospektes durchzuführen, ohne sich aufgrund des entsprechenden Kapitalmarktprospektes einen Überblick über das Produkt verschafft zu haben, widerspricht der durchschnittlichen Sorgfalt eines Anlageberaters“, stellt das Gericht fest.

Totalverlust nur bei Weltkrieg?

Laut OLG Grraz sollen die Anleger den Berater " ausdrücklich daraufhin gewiesen haben, "dass die Veranlagung für sie im Falle des Risikos eines Totalverlustes für sie nicht interessant sei". Der Berater soll im Gegenzug erklärt haben, dass der einzige Fall, in dem es zu einem Totalverlust kommen könne, ein Weltkrieg sei. "Bei dieser Erklärung handelt es sich nicht nur um einen Beschwichtigungsversuch, sondern um eine extreme Verharmlosung des Risikos eines Totalverlusts", stellt das Obergericht fest.

„Es ist erfreulich, dass das Berufungsgericht die ordentliche Revision zugelassen hat und somit der OGH Gelegenheit bekommt, ebenfalls über den Aufklärungsbedarf im Hinblick auf die Weichkosten zu entscheiden. Ich hoffe sehr, dass der OGH in diesem Punkt der klaren Rechtsprechung des BGH folgen wird“, sagt VKI-Anwalt Sebastian Schumacher.

Kapital ausgeschüttet

Der VKI führt gegen die Hypo Steiermark auch drei Sammelklagen, die am Handelsgericht Wien anhängig sind. Die dort bereits vernommenen drei Berater bestätigen das Bild: Die von der MPC geschulten Bankberater sollen damals keine Ahnung von den „Weichkosten“, der „Laufzeit“ und insbesondere dem Charakter der „Ausschüttungen“, die als „Ertrag“ oder „Zinsen“ dargestellt wurde, gehabt haben. Damit soll den Anlegern laut VKI nicht klar gewesen sein, "dass diese Ausschüttungen bei wirtschaftlicher Schwäche des Fonds zurückzuzahlen waren." Denn: Es wurden über viele Jahre keine Gewinne, sondern nur Liquidität (Eigenkapital) an die Investoren ausgeschüttet. Ein Berater der Hypo Steiermark brachte den Vorgang laut VKI deftig auf den Punkt: „Wenn wir das damals gewusst hätten, dann hätten wir den Schas nicht verkauft!“

3000 Anleger

„Wir hoffen im Herbst bereits auf zwei Teilurteile des Handelsgerichtes in der Sammelklage eins. Im Übrigen werden im Herbst weitere Berater von den Gerichten vernommen werden", sagt VKI-Jurist Peter Kolba. "Die Einblicke, die uns deren Aussagen im MPC-Skandal vermitteln, sind unschätzbar, insbesondere auch in unserem Vorgehen gegen die MPC und deren Tochterfirmen." Der VKI betreibt in Hamburg Musterverfahren nach dem Kapitalanleger-Musterverfahrensgesetz (KapMuG) und hat bereits mehr als 3000 Anleger als Privatbeteiligte einem strafrechtlichen Ermittlungsverfahren gegen MPC angeschlossen. Der Gesamtschaden soll weit mehr als 170 Millionen Euro betragen. Die Fonds-Firma MPC weist von Beginn an alle Vorwürfe zurück.

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