FMA

Machtlos gegen Insiderdeals

Die Aufsicht will mehr Möglichkeiten gegen Börseinsider: FMA-Chefs Klaus Kumpfmüller, Helmut Ettl (r.)
Wer sich an der Börse illegal Vorteile verschafft, geht in Österreich meist straffrei aus.

An der Börse gelten strenge Regeln: Ein Manager, der über geheime Insiderinformationen verfügt und diese zu Geld macht, wird strafrechtlich verfolgt. Bis zu drei Jahre Haft drohen, wenn sein Gewinn unter 50.000 Euro liegt. Darüber sind sogar bis zu fünf Jahre Freiheitsstrafe möglich. Strenge Sanktionen – aber nur auf dem Papier. In Wirklichkeit muss man sich schon sehr ungeschickt anstellen, um verurteilt zu werden. Zumindest in Österreich: Die Gesetzeslage und Rechtssprechung weichen nämlich von der europäischen Praxis ab, kritisiert die Finanzmarktaufsicht (FMA).

Berater ist schuld

Die Erfolgsquote sei deshalb bescheiden, gab FMA-Vorstand Klaus Kumpfmüller im Gespräch mit Journalisten zu. Trotz großen Aufwandes: Bei 30 Millionen Transaktionen spuckt das Warnsystem 1250 bis 1500 Auffälligkeiten aus. An die 70 Fälle hat die FMA genauer untersucht und 20 mit 86 Beschuldigten (seit 2002) zur Anzeige gebracht. Angeklagt wurden aber nur sieben Fälle – vier wurden außergerichtlich gelöst und Verurteilungen gab es überhaupt nur zwei. Ein Drucker, der vertraulich Einladungen für ein Börseunternehmen produzieren sollte, erhielt 2004 drei Monate bedingt und 15.000 Euro Geldstrafe aufgebrummt. Der jahrelange Prozess gegen mehrere sogenannten "Bierbarone" endete 2012 mit Geldstrafen.

Insiderhandel, ein Kavaliersdelikt? Nach EU-Richtlinien reicht es, dass jemand besonderes Wissen hat und daraus Vorteile zieht. In Österreich gingen Börseninsider hingegen meist straffrei aus, weil ihnen der Vorsatz nachgewiesen werden müsse, erklärt die FMA. So konnte ein Vorstandschef, der Hunderttausende Euro gewann, recht simpel die Anklage vermeiden: Den Kauf habe sein Wertpapierberater empfohlen – was dieser eidesstattlich bezeugte.

Die Finanzaufseher wollen Verwaltungsstrafverfahren bei Insider-Beträgen bis zu 500.000 Euro selbst durchführen können – ohne die Gerichte zu bemühen. Jetzt stehe ohnehin eine EU-Marktmissbrauchs-Richtlinie zur Umsetzung an, somit könne Klarheit geschaffen werden. Zumal der deutschsprachige Rechtstext schlecht übersetzt und missverständlich sei. Im Justizministerium reagiert man überrascht auf den unabgestimmten Vorstoß. Eine Änderung sei "nicht unmittelbar auf der Agenda", sagt ein Strafrechtsexperte.

Melden, aber wann?

Vom Europäischen Gerichtshof holt die FMA ebenfalls eine Klarstellung ein – zur Frage, wann kursrelevante Infos veröffentlicht werden müssen ("Adhoc-Meldung"). Bei monatelang vorbereiteten Deals könnten die Zwischenschritte bedeutsam sein, findet die FMA; etwa wenn im Vorstand eine Fusion diskutiert wird.

Der Verwaltungsgerichtshof sieht eine Meldepflicht jedoch erst, wenn die Transaktion fix ist – und hat so vor einigen Wochen die Strafbescheide gegen sechs Raiffeisen-Manager aufgehoben: Die Fusion von RZB und Raiffeisen International sei 2010 korrekt gemeldet worden.

Recht wortkarg gaben sich die Chefs der Finanzmarktaufsicht zum Hypo-Sondergesetz: "Wir werden sicher nicht Argumente pro und contra ausbreiten", sagte Helmut Ettl. Immerhin müsse die Behörde nun binnen 14 Tagen die Verordnung erlassen: "Eine Herausforderung." Der Eindruck: Die Aufseher haben schon mehr gelacht. Dass das Hypo-Gesetz vor Gericht angefochten wird, ist für Ettl und Kumpfmüller sicher, zumal Neuland betreten werde: "Es gibt keine Judikatur".

Teurer könnte es für alle Emittenten werden, die Anleihen mit Landeshaftung begeben – ob andere Hypos, Energieversorger, Landesimmobilien- oder Krankenanstaltsgesellschaften. "Die Investoren werden sicher genauer hinschauen", so Ettl. Dass bundesgarantierte Anleihen oder Staatsanleihen ebenfalls zu leiden haben, schließen die FMA-Bosse aus: "Wir erkennen da keine Auswirkungen." Haftungen des Bundes würden Investoren als viel sicherer bewerten, weil dieser die Hoheit über Steuern und Gesetze habe.

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