Luftkampf mit ungleichen Waffen

Der Flughafen Bratislava rüstet für den nächsten Privatisierungsversuch auf – sehr zum Missfallen des Wiener Airports.
Bratislava hat Schulden beim Airport Wien, kauft sich aber mit Staatshilfe großzügig Airlines ein.

Nicht einmal 50 Kilometer vom Flughafen Wien entfernt hat man hochfliegende Pläne. Als regionale Drehscheibe will der Flughafen Bratislava im Wettbewerb der europäischen Hubs mitspielen. Bratislava sei endlich ein Faktor "auf Europas Luftfahrt-Landkarte", sagt Airport-Chef Ivan Trhlik. Im Luftraum der slowakischen Hauptstadt ist tatsächlich viel in Bewegung. Der irische Billigflug-Riese Ryanair hat die slowakische Hauptstadt zur Basis für Europa-Strecken erklärt, wird ab März 2015 fix zwei Maschinen stationieren und 17 Destinationen anfliegen. Die Air-Berlin-Tochter Niki hebt ab April nach Brüssel und Palma de Mallorca ab. Seit wenigen Wochen startet flydubai in die Emirate. Die junge Airline vom Golf will die Frequenzen ab Jänner aufstocken. Ab 2015 könnte die slowenische Adria Airways, Mitglied der Star-Alliance der Lufthansa, eine Verbindung nach München anbieten. Sodass Trhlik 2015 mit "einigen Hunderttausend Passagieren" zusätzlich rechnet und in zwei Jahren von 1,37 auf zwei Millionen Fluggäste kommen will.

Luftkampf mit ungleichen Waffen
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Wettbewerbsrechtler beobachten die plötzliche Geschäftstätigkeit in Bratislava allerdings mit Skepsis. Der Flughafen, der dem staatlichen National Property Funds gehört, leidet seit Jahren unter sinkenden Passagierzahlen und segelt tief in den roten Zahlen, zuletzt vermutlich um die fünf, sechs Millionen Euro. Genaues wird nicht verraten.

Ryan-Air-Chef Michael O’Leary setzt sich ohne großzügiges finanzielles Sponsoring bekanntlich niemals auf einen Flughafen. Auch Niki soll einen zweistelligen Millionenbetrag, getarnt als Marketing-Unterstützung, erhalten. Dass die Air-Berlin-Tochter Brüssel anfliegen wird, kommt der Slowakei äußerst gelegen. Das Land übernimmt 2016 die EU-Ratspräsidentschaft. Tut dem Nationalstolz schon gut, wenn man die EU-Gäste am eigenen Flughafen empfangen kann und nicht in Wien abholen muss.

"Wir bieten allen Airlines denselben hohen Level an Standard und Konditionen" – mehr will Trhlik zum heiklen Thema Subventionen nicht sagen. Wenn ein Flughafen alle Airlines gleichermaßen unterstützt, könnte das wettbewerbsrechtlich sogar in Ordnung gehen. Es darf nur niemand bevorzugt werden.

Dem Flughafen Wien kann ein Konkurrent, der Verluste einfliegt und sich staatlich subventioniert der Reihe nach Airlines einkauft, natürlich nicht egal sein. Vorstand Julian Jäger formuliert es etwas diplomatischer: "Wir beobachten, wie offensichtlich mit öffentlichen Mitteln Verkehr generiert werden soll." Was Jäger in diesem Kontext jedoch besonders ärgert: Die Slowakei ist der Flughafen Wien AG noch 2,7 Millionen Euro schuldig und denkt offenbar nicht daran, zu zahlen.

Die offene Rechnung ist ein lästiges Überbleibsel der gescheiterten Privatisierung. Die slowakische Regierung gab 2005 den Startschuss für den Verkauf der Mehrheit an den Flughäfen Bratislava und Kosice. Die damalige Opposition unter der linkspopulistischen Smer-Partei von Robert Fico lief Sturm gegen den Verkauf.

2006 bekam unter den zahlreichen Bietern Wien mit einem Finanzkonsortium den Zuschlag, am 13. Februar wurden die Verträge unterschrieben und der Kaufpreis von 280 Millionen Euro überwiesen. Pech, dass Fico wenige Monate später die Parlamentswahlen gewann. Die Privatisierung des Flughafens Bratislava wurde rückwirkend für ungültig erklärt. Die Wiener durften die Mehrheit an Kosice behalten und bekamen das Geld für Bratislava zurück .

Wären noch 2,7 Millionen Euro an Zinsen. Die Flughafen Wien AG klagte die Summe vor einem Schiedsgericht ein und gewann. Trotzdem hat die Slowakei bis heute nicht überwiesen.

Fico dürfte angesichts der traurigen Finanzlage des Letisko Bratislava seine Meinung geändert haben. Die Regierung will nun doch privatisieren. Allen Beteiligten ist freilich klar, dass die Braut aufgeputzt werden muss, um finanzkräftige private Investoren anzulocken. Das dürfte auch ein Grund sein, warum Niki geholt wurde. Denn die Ryanair ist ein zu großes Risiko. Die "Piraten der Lüfte", wie Europas erfolgreichster Low-Cost-Carrier in der Branche bezeichnend genannt wird, sind sehr schnell wieder weg, wenn kein Geld mehr fließt.

Diese leidvolle Erfahrung musste der Flughafen Klagenfurt machen. Den Kärntnern erwächst jenseits der Grenze auch noch neue Konkurrenz. Der deutsche Flughafenbetreiber Fraport kaufte sich im Herbst drei Viertel des Laibacher Airports. Anzunehmen, dass die Fraport AG, die mit Frankfurt einen der größten Hub Europas betreibt, die Passagierzahlen in der slowenischen Hauptstadt kräftig steigern wird.

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Die AUA jedenfalls will Wien die Treue halten. "Bratislava ist für uns uninteressant. Wir wollen den Standort Wien stärken", beteuert AUA-ChefJan Albrecht (Bild). Obwohl Bratislava den Vorteil hätte, dass die Slowaken keine Ticket-Steuer einheben. Wegen 7 Euro für einen Kurzstrecken-Flug wird kein Passagier nach Bratislava ausweichen. Für eine Familie aber kann die Abgabe durchaus relevant sein. Bei einen Langstrecken-Flug sackt der Staat Österreich immerhin 35 Euro pro Person ein. "Es kann doch nicht sein, dass die österreichische Politik bei zwei derart nahen Flughäfen einen Anbieter drastisch benachteiligt", ärgert sich Albrecht.

Die Slowakei kann gegenüber Wien außerdem mit niedrigeren Lohnkosten punkten. Das veranlasste die auf steilem Sparkurs fliegende Air Berlin bereits, arbeitsintensive Teile der Flugzeug-Wartung nach Kosice auszulagern.

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