Finanzzentrum Wien holt rasant auf

The Vienna Stock Exchange (Wiener Boerse) logo is pictured at the entrance of its office building in Vienna, April 25, 2013. The venerable Vienna Stock Exchange swallowed centuries of national pride this month to enter into talks that could lead to a merger with its upstart rival in Warsaw. A combination could make investors take notice in an era of mega-exchanges like next-door Deutsche Boerse. To match Analysis STOCKS-EXCHANGES/VIENNA REUTERS/Heinz-Peter Bader (AUSTRIA - Tags: BUSINESS LOGO)
Die Wiener Börse registriert steigende Umsätze und mehr Interesse an Börsengängen.

Wettbewerbsfähigkeit, Infrastruktur, Steuern und Zugang zum Kapitalmarkt – das sind nur einige der insgesamt 96 Faktoren, die die Londoner Z/Yen-Gruppe unter die Lupe nimmt. Der Think Tank strickt daraus regelmäßig ein Ranking für 79 Finanzzentren rund um den Globus. Positive Überraschung für Österreich: Nach Platz 36 im September gibt es für das Finanzzentrum Wien jetzt Rang 20. Innerhalb Europas wird Wien nur noch von London, Zürich, Genf, Frankfurt und Luxemburg geschlagen. Paris, Mailand, Madrid oder Warschau, die Wirtschaftsmetropolen viel größerer Länder, landen zum Teil weit hinter Wien.

Finanzzentrum Wien holt rasant auf
„Das Ranking zeigt, dass es bei den Investoren wieder mehr Vertrauen gibt“, freut sich Birgit Kuras, Vorstand der Wiener Börse. Sie registriert, dass das ausländische Interesse an Aktien aus Österreich stetig zunimmt. Von den 96 Handelsteilnehmern stammen bereits 59 aus dem Ausland. Zwei Drittel aller Börsenumsätze in Wien kommen über ausländische Banken zustande.

Den ewigen Vorwurf, dass die Handelsumsätze in Wien dürftig sind, kann Kuras schon nicht mehr hören. „Es gibt ein paar Mythen über die Börse, die so nicht stimmen“, sagt sie. Bei den Umsätzen sei das Tal Mitte des Vorjahres durchschritten worden. Im Juli 2012 seien es 2,3 Milliarden Euro gewesen. Dann sei es kontinuierlich bergauf gegangen. Umsatz im März: 3,7 Milliarden.

Finanzzentrum Wien holt rasant auf

Erst vergangenen Freitag hat der Frankfurter Leitindex DAX auf einem neuen Rekordhoch geschlossen. Mit seinen knapp 2400 Punkten ist der Wiener ATX von seinem Höchststand aus dem Jahr 2007 (gut 5000 Punkten) dagegen noch meilenweit entfernt. Auch das müsse relativiert werden, sagt Kuras. Denn damals sei der ATX durch die übersprudelnde Osteuphorie um 80 Prozent überbewertet gewesen. „Da sind ja schon die Kurse gestiegen, wenn ein Finanzvorstand irgendwo einen Koffer hingestellt hat.“ Normal wären damals 3000 Punkte gewesen. Davon sei man jetzt gar nicht mehr so weit entfernt. „Was dem Markt fehlt, sind sicher positive Signale, wie etwa die Förderung von Börsengängen oder die Abschaffung der Kursgewinnbesteuerung“, meint Kuras.

Am jüngsten Börsengang-Workshop nahmen Vertreter von 28 Unternehmen teil. Es bleibt abzuwarten, wie viele davon den Wiener Kurszettel verlängern werden. Vorläufig setzen Unternehmen lieber auf Anleihen. Nach dem Rekordjahr 2012 (Corporate Bonds für 5,5 Milliarden Euro) geht der Boom heuer weiter. Im ersten Quartal gab es neun neue Anleihen mit einem Gesamtvolumen von 2,8 Milliarden Euro.

Kauftipps

Gute Dividenden, erfolgreiche internationale Geschäfte – Analysten finden etliche Argumente, warum Wiener Aktien mehr Geld anziehen werden. Für Erste-Bank-Experten Günther Artner zählen Immofinanz, Vienna Insurance Group und RHI zu den Top-Empfehlungen. Er sieht den ATX bis Jahresende auf 2700 Punkte klettern. Die Kauftipps der Raiffeisen Centrobank: CA Immo, Erste Group, Flughafen, Immofinanz, Kapsch TrafficCom, Polytec, RHI, Rosenbauer, Warimpex und Wienerberger.

Die Europäische Zentralbank hat in der Vorwoche die Leitzinsen auf das Rekordtief von 0,5 Prozent gesenkt. Schon im Vorfeld haben die Börsen in Europa in freudiger Erwartung auf diesen Schritt mit Kursgewinnen reagiert. Denn eine Zinssenkung könnte den Unternehmen helfen, sich günstiger mit Fremdkapital einzudecken und Altschulden leichter zu tilgen. Dies hätte einen positiven Effekt auf die Unternehmensgewinne, heißt es in einer Analyse der Bank Warburg. „Daher sind die Kurse trotz zahlreicher negativer Wirtschaftsdaten so stark gestiegen.“

Hinzu kommt die Regierungsbildung in Italien, die für eine gewisse Stabilisierung in dem hoch verschuldeten Land sorgen soll. Wenig überraschend lag daher im April die Bankbranche im Vergleich voran, die seit Jahresbeginn erlittenen Verluste haben sie aber noch nicht aufgeholt (siehe Grafik).

Finanzzentrum Wien holt rasant auf

Kommentare