Finanzmarktsteuer: Ein Schritt weiter

Finanzmarktsteuer: Ein Schritt weiter
Mit der vagen Erfüllung der Oppositions-Forderung sichert die Regierung Merkel die Euro-Rettung und den Fiskalpakt.

Viel Ankündigung, noch wenig Greifbares: Regierung und Opposition haben sich in Deutschland auf den Versuch geeinigt, in Europa eine Finanzmarktsteuer einzuführen. Eine gemeinsame Arbeitsgruppe hat dazu ein Ein-Seiten-Papier vereinbart, das wichtigste Fragen noch unbeantwortet, Regierung und Opposition aber die Pose des Siegers lässt.

Seit Monaten hatten sie darum gerungen, weil der Bundestag der deutschen Beteiligung am Euro-Rettungsschirm ESM und dem Fiskalpakt nur mit Zweidrittelmehrheit zustimmen kann. Diese Chance nutzte die Opposition zur Durchsetzung ihrer alten Forderung der Finanztransaktionssteuer.

Das Papier der Arbeitsgruppe muss noch in einem Spitzengespräch nächste Woche abgesegnet werden. Es enthält aber so viele Bedingungen, dass unklar ist, wie eine solche Steuer die von der Opposition erhofften Riesenbeträge für ein EU-Wachstumsprogramm erbringen soll. "Auswirkungen auf Instrumente der Altersversorgung, der Kleinanleger und der Realwirtschaft sind zu vermeiden, ebenfalls Ausweichreaktionen, also die Verlagerung von Finanzgeschäften" etwa von Frankfurt nach London. Die Zahl der Teilnehmer soll sich am EU-Modell "verstärkter Zusammenarbeit" orientieren, was neun Länder mindestens sind. Andererseits sollen "so viele Finanzprodukte wie möglich" einbezogen werden, um zu niedrigen Steuersätzen zu kommen. Dabei gilt der vage Vorschlag der EU-Kommission von 0,01 bis 0,1 Prozent auf ein Finanzprodukt als Richtschnur.

Unklar

Was das konkret für die Finanzbranche bedeutet, ist unklar, noch dazu, wo auch die deutschen Banken im internationalen Kontext als unterkapitalisiert gelten. Sie nahmen die Einigung bisher gelassen. Die Wirtschaftspresse erwartet, dass die Banken daher auch die neuen Kosten auf die Konsumenten und die Wirtschaft zuletzt abwälzen werden.

Die Opposition triumphierte hingegen: SPD-Chef Sigmar Gabriel verkündete "nach drei Jahren eine dramatische Wende von Frau Merkels Europa-Politik". Die Grünen begrüßten die Einigung, forderten aber umgehend dazu die Einführung eines Lastentilgungsfonds, also die Übernahme aller Altschulden der Südländer durch Deutschland und die anderen starken Euro-Länder wie Österreich.

Die FDP hingegen gab sich zufrieden, dass sie die vielen Einschränkungen verankern konnte: Sie waren ihre Bedingung dafür, vom bisherigen strikten Nein abzulassen.

Dass der Kompromiss so wenig Konkretes enthält, liegt auch daran, dass SPD und Grüne eine Ablehnung von ESM und Fiskalpakt ihren Wählern kaum erklären hätten können: Sie sind viel mehr als die Koalition für die Unterstützung der Südländer mit deutschem Steuergeld fast ohne Bedingungen.

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