Fernbus-Markt: Wer hat Angst vor der Eisenbahn?

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Der Einstieg der ÖBB in den Fernbus-Markt heizt den Wettbewerb an.

"Die Preise haben Potenzial nach oben." Ludwig Richard, Chef des gleichnamigen größten heimischen Busunternehmens, drückt die Situation bei einer Diskussion der Österreichischen Gesellschaft für Straßen- und Verkehrswesen (GSV) vornehm aus: Auf dem boomenden Fernbus-Markt tobt eine gnadenlose Preisschlacht. Eine Fahrt im Bus von Dr. Richard von Wien nach Graz kostet, abhängig vom Zeitpunkt der Buchung und der Fahrt, zwischen 12 und 22 Euro.

Ähnlich billig reist man mit dem WESTbus, einem Joint Venture des ÖBB-Konkurrenten Westbahn mit Richard-Konkurrenten Blaguss: GrazKlagenfurt, LinzKlagenfurt und WienGraz kosten 22 Euro, für die Fahrt von Wien nach Klagenfurt muss man bereits 25 Euro hinblättern. Zum Vergleich: Eine Fahrt WienKlagenfurt mit der Bahn kostet 52,60 Euro. Mit VorteilsCard Classic – die allerdings 99 Euro pro Jahr kostet – liegt der Bahnpreis bei 26,30 Euro noch immer leicht über der Bus-Konkurrenz.

ÖBB-Einstieg

Die Preisschlacht dürfte sich in den nächsten Monaten noch verschärfen. Der Grund: Im Sommer steigen auch die ÖBB in den heiß umkämpften Markt ein. Zwar erwartet Ludwig Richard, dass die Bahn von österreichischen Städten aus eher osteuropäische Destinationen anfahren wird, um der Schiene nicht allzu sehr zu kannibalisieren. Als Newcomer dürfte sie aber, erwartet die Konkurrenz, mit echten Kampfpreisen starten.

Wie viele und welche Ziele die ÖBB-Fernbusse tatsächlich ansteuern werden, will ihr Chef Tobias Hann vorerst nicht verraten, aber: "Wir verstehen uns als Ergänzung zum Schienen-Angebot und werden ein internationales Streckennetz aus Österreich heraus bedienen." Die anderen potenziellen Strecken im Inland seien heiß umkämpft.

Manche sind auch sakrosankt: Dr. Richard wurde von den Behörden die Konzession GrazSalzburg verweigert. Die Begründung dafür, so Ludwig Richard: " Der Mehrwert der zusätzlichen Linie ist kleiner als die Gefahr für die bestehende Verbindung." Richard hat den Bescheid beeinsprucht, eine Entscheidung steht aber noch aus.

Zusätzliche Passagiere

Dass die Bahn massiv Passagiere an die Fernbusse verliert, glauben die Konkurrenten eher nicht. Marc Fleischhauer, Geschäftsführer des deutschen Anbieters Deutsche Post Mobility GmbH: "In Deutschland sind 2015 mehr als 20 Millionen Menschen mit dem Fernbus gefahren. Ein kleinerer Teil kam von der Bahn. Aber 20 bis 25 Prozent des Volumens war Verkehr, der vorher nicht stattgefunden hat." Im Klartext: Die niedrigen Preise und – zumindest in Deutschland – Strecken, die die Bahn nicht bis kaum bedient, haben viele zu zusätzlichen Reisen animiert. Die Deutsche-Post-Tochter mischt übrigens auch auf dem österreichischen Markt mit und fährt sechs Mal täglich von Salzburg und Innsbruck zum Flughafen München.

Umstieg vom Auto

Auch Ludwig Richard glaubt, dass mehr Passagiere vom eigenen Auto auf den Fernbus umsteigen als von der Bahn. Diese Einschätzung will er jetzt für eine zusätzliche Linie nützen. Neben der gut ausgelasteten Strecke GrazWien fährt Dr. Richard ab 17. September von Graz zum Flughafen Wien/Schwechat und zurück. Um auch das Südburgenland – von Güssing aus startete Dr. Richard 1977 einen der ersten Fernbusse Österreichs überhaupt – "mitzunehmen", wird eine eigene Linie von Güssing über Oberwart bis nach Pinggau/Wechsel geführt.

Der Start erfolgt – wie in der Branche üblich – zum Kampfpreis: Bis Juni kostet das Ticket in eine Richtung 5, danach 12 bis 22 Euro.

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