Fenstertage: Industrie will Feiertage verschieben

Interviewtermin mit Christoph Neumayer, Generalsekretär der Industriellen Vereinigung am 08.03.2013 in Wien
IV-Generalsekretär Christoph Neumayer fordert im KURIER-Interview eine prinzipielle Diskussion der Feiertage.

KURIER: Die Industriellenvereinigung wünscht sich mehr Flexibilität. Wer aber flexibel ist und den Arbeitgeber wechselt, kriegt weniger Urlaub. Hat die Forderung der Gewerkschaft nach sechster Urlaubswoche für alle Älteren nicht Sinn?

Christoph Neumayer: Eine allgemeine Verlängerung des Urlaubsanspruches bedeutet Arbeitszeitverkürzung, damit eine zusätzliche Belastung für den Wirtschaftsstandort. Österreich liegt mit 13 gesetzlichen Feiertagen plus 25 Urlaubstagen im europäischen Spitzenfeld. Was für Sorgen haben wir eigentlich? Doch eher steigende Arbeitslosigkeit und eine Krise in Europa, die uns noch länger begleiten wird.

Jetzt fordern auch Muslime gesetzliche Feiertage.

Die Feiertage sind ein grundsätzliches Thema. Da sollte man nachdenken, ob es nicht zu Veränderungen kommen muss. Es wäre schon viel gewonnen, die Donnerstag-Feiertage auf Freitage zu verschieben, weil wir die Fenstertags-Problematik ja kennen.

Sinkt die Arbeitsmoral?

Wir sind eine Freizeitgesellschaft. Radiomoderatoren rufen das Wochenende praktisch schon am Mittwoch aus. Man muss auch das Sinnstiftende der Arbeit wieder in den Mittelpunkt rücken.

Sonst noch Wünsche?

Es soll bei Bedarf flexibler – insgesamt aber nicht länger – gearbeitet werden können. Für eine gewisse Zeit soll eine tägliche Höchstarbeitszeit von 12 Stunden erlaubt sein, der Durchrechnungszeitraum sollte von einem auf zwei Jahre steigen.

Die Gewerkschaft hofft, mit kürzerer Arbeitszeit die Jobs auf mehr Leute zu verteilen.

An internationalen Beispielen sehen wir, dass das nicht funktioniert. Die 35-Stunden-Woche in Frankreich hat genau das Gegenteil bewirkt: mehr Arbeitslosigkeit, weniger Wettbewerbsfähigkeit. Gemeinsam mit hohen Steuern und massiver Stützung nicht wettbewerbsfähiger Wirtschaftsstrukturen hat das den Wirtschaftsstandort geschädigt.

Arbeitnehmervertreter kritisieren die vielen Überstunden und meinen, dass ein Viertel unbezahlt sind.

Wir tun uns schwer, diese Zahlen nachzuvollziehen. Überstunden sind ja nicht nur etwas, was sich der Arbeitgeber wünscht. Das zusätzliche Geld ist ja auch gerade jüngeren Mitarbeitern sehr willkommen. Arbeitnehmer agieren da oft gegen ihre eigene Klientel, wenn sie gegen Überstunden trommeln.

Amerika könnte den Wirtschaftswettbewerb mit billiger Energie, Stichwort Schiefergas, gewinnen.

Mit der günstigen Energie wurden die Spielregeln verändert. Einzelne US-Bundesstaaten bieten ausländischen Firmen ganze Pakete mit günstigen Grundstückspreisen und einigen Jahren Steuerbefreiung. Der Gaspreis macht oft nur ein Viertel der europäischen aus und der Industrie-Strompreis ein Drittel bis die Hälfte. Auf europäischer Ebene hingegen wird zwar über Reindustrialisierung gesprochen. Gleichzeitig setzt man auch in Österreich immer mehr Schritte, die das Gegenteil bewirken.

Zum Beispiel?

Dass man mit Steuererhöhungen droht oder Kleinigkeiten wie die Vertragsauflösungs-Abgabe einführt. Ein mittelgroßes Unternehmen in Österreich hat 15 Beauftragte – von Arbeitnehmerschutz bis Feuer. Viele haben das Gefühl, permanent mit einem Fuß im Kriminal zu stehen. Der Wert von Unternehmen wird nicht erkannt, die Standortqualität rinnt aus. Und dann kommen Ideen wie die sechste Urlaubswoche! Das ist kontraproduktiv.

Was braucht es stattdessen?

Dass Zukunftsfragen wie Bildung, Forschung, Infrastruktur besser behandelt werden. Wir wollen, dass die Gruppenbesteuerung bleibt und der Headquarter-Standort weiter verbessert wird.

Diskutiert werden neue Vermögenssteuern.

Aus unserer Sicht ist das ein absolutes No-go. Wir sind ein rekordverdächtig umverteilendes Hochsteuerland. Vermögenssubstanzbesteuerung ist eine schleichende Enteignung über Jahre hinaus. Besonders im Unternehmensbereich ist das völlig indiskutabel.

Wie sollen die Steuern reformiert werden?

Arbeit muss massiv entlastet werden. Insbesondere der Eingangssteuersatz von 36,5 Prozent ist uns viel zu hoch. Wir schlagen vor, mit zehn Prozent zu beginnen und dann in Zehner-Schritten nach oben zu gehen.

Woher kommen die zusätzlichen Mittel dafür?

Aus Strukturreformen. Es ist aber auch zu überlegen, ob man bei der Mehrwertsteuer etwas tut. Das ist die Steuer, die am wenigsten Wachstum kostet.

Im internationalen Vergleich ist die Vermögensbesteuerung bei uns niedrig.

Weil die Vergleiche hinken. Wären, wie anderswo, auch kommunale Abgaben enthalten, wären wir knapp über dem europäischen Durchschnitt. Dazu kommen Bankenabgaben, die im internationalen Vergleich die höchsten sind. Wir haben eine Menge an Vermögenssteuern dazubekommen.

Das könnte ein Stich ins Wespennest sein: Der Generalsekretär der Industriellenvereinigung, Christoph Neumayer, fordert im KURIER-Interview eine prinzipielle Diskussion der Feiertage. „Es wäre schon viel gewonnen, die Donnerstag-Feiertage auf Freitage zu verschieben.“ Damit will er die Zahl der Fenstertags-Wochenenden reduzieren. Konkret beträfe dies jedes Jahr Christi Himmelfahrt und Fronleichnam. Heuer fällt auch der 15. August (Maria Himmelfahrt) auf einen Donnerstag. (Der 8. Dezember – Mariä Empfängnis – ist dafür heuer ein Sonntag.) Österreich befinde sich mit insgesamt 13 gesetzlichen Feier- plus 25 Urlaubstagen im europäischen Spitzenfeld, sagt Neumayer.

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