Fehlberatung: Versicherung haftet für Keiler

Fehlberatung: Versicherung haftet für Keiler
Konsumentin wollte Kredit für zwei Jahre aufnehmen, musste dafür aber auch eine Lebensversicherung abschließen.

Der Verein für Konsumenteninformation (VKI) hat ein brisantes Urteil erstritten, das Versicherungsmaklern und Versicherungen überhaupt nicht gefallen wird. Der VKI hatte die FinanceLife Lebensversicherung und den Versicherungsmakler und Vermögensberater Johannes S. im Auftrag des Sozialministeriums wegen eines potenziellen Beratungsfehlers im Zusammenhang mit der Vermittlung eines Privatkredites samt Lebensversicherung geklagt.

Fehlberatung: Versicherung haftet für Keiler
VKI-Chefjurist Peter Kolba: "Firmen, die diese Gelder willkürlich weiter kassiert haben, sollen das spüren"
Eine Konsumentin hatte sich in einer finanziellen Notlage an das Wiener Maklerbüro S. gewandt. "Ein Mitarbeiter des Maklerbüros stellte ihr einen Privatkredit in Höhe von 4000 Euro mit einer Laufzeit von zwei Jahren und einem Zinssatz von sechs Prozent unter der Bedingung in Aussicht, dass sie gleichzeitig eine fondsgebundene Lebensversicherung abschließe", erklärt VKI-Chefjurist Peter Kolba. "Mit der Zahlung von monatlich 200 Euro und Zahlung der Kreditzinsen sollte dann nach zwei Jahren alles erledigt sein."

27 Jahre Laufzeit?

Die Konsumentin vertraute daher darauf, dass der Kredit nach zwei Jahren getilgt sei, heißt es weiter. Tatsächlich handelte es sich bei den 200 Euro um die Prämienzahlungen für die Lebensversicherung mit einer Laufzeit von 27 Jahren. Die Konsumentin wurde laut VKI darauf aber nicht hingewiesen. Es erfolgte auch keine Aufklärung über die Risiken der Kombination eines endfälligen Euro-Kredites und einer Lebensversicherung. Die Ansprüche aus der Lebensversicherung wurden zugunsten eines der Kreditgeber vinkuliert (verpfändet).

"Nach zwei Jahren stellte sich für die Konsumentin heraus, dass der Kredit noch in voller Höhe aushaftete", erläutert der Verbraucherschützer. "Die Lebensversicherung hatte zur Kreditfälligkeit keinen nennenswerten Rückkaufswert."

Im März 2009, einige Monate nach Fälligkeit des Kredites, stellte die Konsumentin die Zahlungen ein. Im Juni 2009 betrug der Rückkaufswert der Lebensversicherung magere 2816,77 Euro, heißt es weiter. Makler S. vermittelte bis 2006 im Bereich fondsgebundene Lebensversicherungen nahezu ausschließlich Versicherungsverträge der FinanceLife.

Deftige Provisionen

Mindestens 60 bis 65 Prozent der durch den betroffenen Mitarbeiter vermittelten Versicherungen waren solche der FinanceLife Lebensversicherung, so Kolba weiter. Er verrechnete für die Vermittlung der Kredite angeblich kein Honorar, sondern soll sein Einkommen durch Provisionen für die Vermittlung der Lebensversicherungen erzielt haben. Deshalb soll er großes Interesse gehabt haben, dass Kunden, denen er Kredite vermittelte, zusätzlich Versicherungen abschließen.

Makler S. soll von der FinanceLife beziehungsweise den weiteren im Konzernverhältnis stehenden Gesellschaften der Uniqa-Gruppe bemessen am Gesamtumsatz Provisionen im folgenden Ausmaß erhalten haben: 42 Prozent im Jahr 2006, 31 Prozent im Jahr 2007, 26 Prozent im Jahr 2008, 27 Prozent im Jahr 2009 und 27 Prozent im Jahr 2010 27. Von der Wiener Städtischen Versicherung erhielt Makler S. bemessen am Gesamtumsatz folgende Provisionen: 48 Prozent im Jahr 2007, 60 Prozent im Jahr 2008, 58 Prozent im Jahr 2009 und 60 Prozent im Jahr 2010.

Urteil nicht rechtskräftig

Das Bezirksgericht für Handelssachen Wien geht (im nunmehr dritten Rechtsgang) davon aus, dass die Beratung in mehrfacher Hinsicht fehlerhaft war. "Die Konsumentin war weder an einem Vermögensaufbau interessiert, noch konnte sie sich neben der Prämienzahlung eine Kredittilgung leisten", so Kolba." Da zum Kreditende kein nennenswerter Rückkaufswert bestand und die Lebensversicherung vinkuliert war, war die Lebensversicherung für die Rückzahlung des Kredites völlig ungeeignet." Dem eigentlichen Wunsch der Konsumentin, ein kurzfristig rückzahlbares Darlehen zu erhalten, sei in keiner Weise entsprochen worden.

Der Versicherungsmakler und Vermögensberater S. haftet daher für die Fehlberatung. "Das Erstgericht geht außerdem davon aus, dass auf Grund des festgestellten Umsatzes mit Gesellschaften der Unika-Gruppe ein wirtschaftliches Naheverhältnis zwischen der FinanceLife und dem Versicherungsmakler bzw. Vermögensberater vorliegt, das es zweifelhaft erscheinen lässt, ob dieser in der Lage war, überwiegend die Interessen der Konsumenten zu wahren", heißt es weiter. "Daher haftet die Versicherung nach § 43a Versicherungsvertragsgesetz (VersVG) ebenfalls für die fehlerhafte Beratung des sogenannten Pseudomaklers."

Der Pseudomakler

"Das Urteil zeigt klar, dass Versicherungen für Fehler, die Versicherungsagenten und sogenannte Pseudomakler begehen, haften", sagt VKI-Experte Kolba zum KURIER. "Ein Pseudomakler ist eine Person, die gegenüber dem Kunden vorgibt, nicht von einer Versicherung wirtschaftlich abhängig zu sein, den ganzen Markt zu kennen und im Interesse des Kunden ein Produkt auszusuchen." Nachatz: "Die Versicherung kann womöglich gar nichts dafür, wie der Pseudomakler auftritt, dennoch haftet sie für dessen Fehler." Zur Erklärung: Ein Versicherungsagent arbeitet laut VKI mit einer Versicherung zusammen und verschafft den Kunden keinen Marktüberblick.

Das Urteil ist nicht rechtskräftig. Das Verfahren geht nun in die nächste Gerichtsinstanz. "Wir schließen uns der Rechtsauffassung des Erstgerichts nicht an und werden in Berufung gehen", sagt ein Uniqa-Sprecher zum KURIER.

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