Fallen in der Arbeitswelt 4.0
Auf der Jagd nach möglicher Korruption ließ das Unternehmen seine Mitarbeiter immer wieder überprüfen. So sollten Geldströme für Verbindungen zu Lieferanten aufgedeckt werden, auch bei Familienmitgliedern der Mitarbeiter. Eine derartige Massenüberwachung gehe gar nicht, stellte jedoch die Datenschutzbehörde fest. Und verdonnerte das betreffende Unternehmen, die Deutsche Bahn, zu einer Strafzahlung von 1,1 Millionen Euro.
Dieser Fall liegt mittlerweile zwar schon ein paar Jahre zurück. In Österreich wäre eine derart hohe Strafe aber auch heute noch nicht möglich. Die Höchststrafe bei Verstößen gegen den Datenschutz macht gerade einmal 25.000 Euro aus. Das wird sich jedoch drastisch ändern. Wenn im Mai 2018 eine entsprechende EU-Verordnung in Kraft tritt, können Unternehmen, die es mit dem Schutz der Daten ihrer Arbeitnehmer und Kunden nicht so genau nehmen, zu bis zu 20 Millionen Euro Strafe vergattert werden.
Datensammelei
"Ab einer Mitarbeiterzahl von 20 bis 30 muss man sich mit diesem Thema jedenfalls beschäftigen", sagt Anwalt Gerald Trieb. Er und sein Kollege Rainer Knyrim haben sich in der Wiener Kanzlei Preslmayr auf Datenschutz spezialisiert. "Viele wissen nicht einmal, welche Daten sie überhaupt verwalten", sagen sie. Elektronische Personalakten, Bonussysteme, elektronische Umfragen, eMail-Systeme, Möglichkeiten zum Online-Chat im Betrieb, Firmenhandys – für Arbeitgeber gibt es viele Möglichkeiten, Daten zu sammeln. Die Frage ist nur, was mit diesen Daten geschieht.
Anwalt Oliver Walther aus derselben Kanzlei, für Arbeitsrecht zuständig: "Mit Betriebsvereinbarungen werden dem Arbeitgeber Schranken bei der Datenverwendung gesetzt." Etwa, wenn er via Firmenhandy ortet, wo ein Arbeitnehmer gerade ist und wo er seine Arbeit erledigt.
Im Detail kann es durchaus heikel werden: "Jede Einführung eines neuen Computerprogramms würde eigentlich schon eine Betriebsvereinbarung brauchen. Das fängt schon bei Telefonanlagen an", meint Walther.
Fakt ist, dass Firmen personenbezogene Daten an ein Datenverarbeitungsregister (https://dvr.dsb.gv.at) melden müssen, das von der Datenschutzbehörde geführt wird. "Können Mitarbeiterdaten über EU-Grenzen hinausgehen, und da reichen schon Gehaltsdaten, braucht man in der Regel die Genehmigung der Datenschutzbehörde", so Anwalt Knyrim. Das kann auch Unternehmen betreffen, die eine Skype-Anwendung im Betrieb haben. Innerhalb der EU wäre dafür keine Genehmigung nötig. Bei Verwendung einer Cloud (Online-Datenspeicher) aber sehr wohl, weil dann Daten in die USA gelangen können. Knyrims Tipp an die Firmenchefs oder die Zuständigen: Einfach die IT-Abteilung befragen, welche Daten überhaupt vorhanden sind und eine Dokumentation über alle Anwendungen verlangen.
Bewegungsprofile
Daten gibt es in der Arbeitswelt, die zunehmend elektronisch wird, in Hülle und Fülle. Etwa bei jenem Unternehmen, das seinen Außendienstlern GPS-Geräte zur Verfügung stellt. Angeblich, um blitzschnell ein elektronisches Fahrtenbuch erstellen zu können und den Mitarbeitern mühsames Mitschreiben zu ersparen. Aber natürlich ist damit auch die absolute Kontrolle samt Bewegungsprofil der Autos möglich. Fürs GPS braucht es die Zustimmung des Betriebsrates oder, falls es keinen gibt, das Ja jedes betroffenen Mitarbeiters.
Darf ein Chatsystem im Betrieb auch privat genutzt werden? Ja, wenn der Arbeitgeber nichts dagegen hat, sagen die Anwälte. Aber Achtung: Seinen Unmut per "Mein Chef ist ein Arschloch" kundzutun, könnte ein Entlassungsgrund sein. Am Bau könnte das womöglich noch als "milieubedingte Unmutsäußerung" durchgehen, im Büro ganz sicher nicht, sagen die Anwälte.
Sehr zweischneidig kann auch der Umgang mit Smartphones oder Laptops sein, die das Unternehmen seinen Mitarbeitern zur Verfügung stellt. Natürlich wollen Firmen den Zugriff Fremder auf Unternehmensdaten vermeiden und Daten aus der Ferne löschen können, wenn das Gerät gestohlen wurde.
Somit könnte das Unternehmen aber auch nachvollziehen, welche eBooks sein Mitarbeiter liest oder wohin er mit dem Smartphone gesurft ist. Und findet dann vielleicht das vom Tennisturnier gepostete Foto, das just im Krankenstand aufgenommen wurde. "Das ist wirklich eine Frage der Intelligenz jedes Einzelnen, was er mit dem Handy macht", stellt Anwalt Oliver Walther trocken fest.
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