EZB vor historischer Zinssenkung

Entsprechend wird EZB-Chef Mario Draghi am Freitag im Kongress-Center über den "Pfad von der Krise zur Stabilität" sprechen. Für ihn gilt, das „Deflationsungeheuer“ (Sager von IWF-Chefin Christine Lagarde) von der Eurozone fernzuhalten. Er selbst sieht die Gefahr nicht so groß, doch die Krisenländer im Süden, die mit niedrigeren Preisen an Wettbewerbsfähigkeit gewinnen, könnten durchaus in eine Deflationsspirale geraten.
Der IWF fordert, nicht den Leitzins zu senken, sondern Anleihen zu kaufen. Die EZB wird aber das Gegenteil tun.

Christine Lagarde, die frühere französische Finanzministerin und jetzige Chefin des Internationalen Währungsfonds, hat ihr Rezept schon parat: Die Europäische Zentralbank (EZB) soll die Leitzinsen nicht senken, dafür aber wieder Anleihen von angeschlagenen Staaten kaufen. "Deutschland braucht keine Zinssenkung der EZB, aber Italien und Spanien. Man kann mit diesem geldpolitischen Instrument aber nicht differenzieren. Hingegen kann das Wertpapieraufkaufprogramm viel selektiver und vernünftiger eingesetzt werden."

Tatsächlich werden das EZB-Direktorium unter Mario Draghi und die Chefs der Euro-Notenbanken bei ihrer Sitzung heute, Donnerstag, voraussichtlich genau das Gegenteil von dem tun, was Lagarde fordert. Die EZB wird, glaubt die überwiegende Mehrheit der Ökonomen, den ohnehin historisch tiefen Leitzins von 1,0 Prozent weiter absenken – auf 0,75 Prozent. Zu diesem Zinssatz können sich Banken bei der EZB Geld ausborgen.

Mit den Kreditzinsen sinken üblicherweise auch die Sparzinsen. Dieser Mechanismus, Bankkunden nur zu gut bekannt, wird auch am Donnerstag in Gang gesetzt. Aktuell erhalten Banken für Gelder, die sie über Nacht bei der EZB parken, eine Verzinsung von 0,25 Prozent. Dieser Satz könnte auf 0,1 oder 0,0 Prozent gesenkt werden. Möglich ist auch, dass er sogar in den Negativbereich gedrückt wird. Banken müssten dann noch was drauflegen, wenn sie Geld sicher bei der EZB zwischenparken.

Anleihen

Den Kauf von Staatsanleihen angeschlagener Euro-Länder will die EZB vorerst nicht wieder aufnehmen. "Das Anleihe-Kaufprogramm schläft tief und fest und das wird auch so bleiben", sagte der Chef der niederländischen Notenbank am Donnerstag.

Begonnen hatte die EZB mit diesen umstrittenen Käufen im Frühjahr 2010. Bis heurigen März sammelte sie Papiere um mehr als 210 Milliarden Euro an. Seither ruht das Kaufprogramm. Der Italiener Mario Draghi, der den EZB-Chefposten im November übernommen hatte, soll ohnehin nie große Freude damit gehabt haben.

Dafür hat Draghi seit seinem Antritt die Banken bereits zwei Mal mit drei Jahre lang laufenden Krediten von in Summe rund 1000 Milliarden Euro versorgt. Mit einer Senkung des Euro-Leitzinses werden auch diese Kredite billiger.

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