EZB: Draghis "großer Wurf" blieb aus

EZB: Draghis "großer Wurf" blieb aus
Mario Draghi, Boss der Europäischen Zentralbank, zerstörte am Donnerstag die Hoffnung darauf, die EZB werde erneut Krisenfeuerwehr spielen.

Die Erwartungen an Mario Draghi waren hoch wie lange nicht – dafür hatte der Chef der Europäischen Zentralbank selbst gesorgt. "Die EZB wird im Rahmen ihres Mandats alles Notwendige tun, um den Euro zu erhalten", hatte Draghi vergangene Woche angekündigt. Nachsatz: "Und glauben Sie mir – es wird ausreichen." Seitdem war spekuliert worden, welche Krisen-Medizin Notenbank-Präsident Draghi dem Euro verschreiben würde.

Den von vielen erwarteten "großen Wurf" präsentierte Draghi nach der Sitzung des EZB-Rates am Donnerstag nicht. Die Märkte reagierten prompt: Nach Draghis vagen Aussagen knickten die Börsen-Kurse ein, der Euro gab gegenüber dem Dollar nach. Draghi deutete immerhin an, woran die Notenbanker arbeiten: Die EZB sei "grundsätzlich bereit" zu "unkonventionellen Maßnahmen", so Draghi: "In den nächsten Wochen werden wir die Modalitäten ausarbeiten."

Anleihen

Draghi sagte, die EZB könnte ihr im März gestopptes Programm zum Ankauf von Staatsanleihen wieder aufnehmen. Allerdings nur unter der Bedingung, dass die Euro-Rettungsschirme am Anleihenmarkt aktiv werden. Wenn die Regierungen dies sicherstellen, könne sich die EZB an Stützungskäufen beteiligen – "in einem Umfang, der ausreicht, um das Ziel zu erreichen", wie Draghi sagt.

In den letzten Tagen wurde über eine "Doppel-Strategie" von EZB und Euro-Rettungsschirm ESM spekuliert: Der ESM könnte klammen Euro-Staaten die Anleihen direkt abkaufen; die EZB könnte gleichzeitig Anleihen kaufen, die bereits am Markt sind. Mit koordinierten Aktionen sollen die Zinsen niedrig gehalten werden.

Eine offizielle Entscheidung über künftige Anleihen-Käufe gibt es noch nicht. Ein zentraler Streitpunkt im EZB-Direktorium: Das Tauziehen zwischen dem "Norden" um Deutschland und dem "Süden" um Italien, Frankreich und Spanien, in wie weit neue Hilfen für Krisen-Länder an Bedingungen geknüpft werden sollen. Österreichs Nationalbank-Gouverneur Ewald Nowotny dürfte zum Ärger der "Nord"-Staaten auf Seite der Südländer gestanden haben. "Es wäre auch hilfreich, wenn Nowotny gegenüber den Südländern nicht immer so taubenhaft wäre", sagte ein Sitzungsteilnehmer nach der Sitzung verstimmt.

Das Anleihen-Programm der EZB ist auch juristisch umstritten – Kritiker meinen, die EZB überschreite damit ihr Mandat. Der hessische FDP-Chef Jörg-Uwe Hahn hat die Regierung aufgefordert, eine Klage beim Europäischen Gerichtshof einzubringen. Draghi wies die Bedenken zurück; man bewege sich im Rahmen.

Leitzins stabil

Der Leitzins im Euroraum bleibt – wie erwartet – auf dem Rekordtief von 0,75 Prozent. Für die Banken ist Geld in Europa derzeit so günstig wie nie seit der Euro-Einführung 1999.

Auch die Notenbanker in den USA und England verkündeten vor der EZB-Sitzung, bei den Zinsen vorerst keine weiteren Schritte setzen zu wollen. Die Fed bestätigte den Leitzins in einer Spanne zwischen null und 0,25 – sie will ihn bis 2014 in diesem Bereich halten. Auch die Bank of England genehmigt sich eine geldpolitische Verschnaufpause: Der Leitzins bleibt bei 0,5 Prozent. Trotz der Rezession in Großbritannien weitet die Bank of England ihre Konjunkturhilfen nicht aus: Das Volumen der Staatsanleihenkäufe, das erst im Juli um 50 Milliarden Pfund ausgedehnt wurde, wird nicht weiter erhöht.

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