EZB-Direktor Panetta warnt vor zu großem Konjunktur-Optimismus

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Es könne riskant sein, Fortschritte zu erwarten, die womöglich nicht eintreten.

EZB-Direktor Fabio Panetta mahnt bei Konjunkturprognosen für die Eurozone zur Vorsicht. "Generell wäre es nicht umsichtig, sich auf eine schnelle Erholung zu verlassen", sagte das Mitglied des sechsköpfigen Führungsteams der Europäischen Zentralbank (EZB) in einem am Sonntag veröffentlichten Interview der spanischen Zeitung "El Pais".

"Mehr Schäden als gegenwärtig sichtbar"

Es könne riskant sein, Fortschritte zu erwarten, die womöglich nicht eintreten. "Und selbst wenn wir es schaffen, aus der Pandemie bald herauszukommen, werden wir feststellen, dass es tatsächlich mehr Schäden am Wirtschaftsgefüge gibt, als gegenwärtig sichtbar ist."

Panetta zufolge hindert zwar nichts eine stärkere Erholung, die diese Schäden eindämmen würde. Aber die Konjunktur müsse das notwendige Ausmaß an geldpolitischen und fiskalischen Hilfen erhalten, sagte der Notenbankdirektor der Zeitung. Eine umsichtige Vorgehensweise sollte aus seiner Sicht dazu neigen, eher zu viel Unterstützung zu leisten als zu wenig.

Die Notenbankchefs der Niederlande und Belgiens, Klaas Knot und Pierre Wunsch, hatten sich zuletzt in Reuters-Interviews deutlich optimistischer zu den Konjunkturaussichten geäußert. Die EZB hatte in ihrer jüngsten Projektion für 2021 ein Wirtschaftswachstum im Euroraum von 4,0 Prozent vorausgesagt. Der Internationale Währungsfonds (IWF) erwartet ein Plus von 4,4 Prozent.

Panetta zufolge hat die EZB noch genügend geldpolitischen Handlungsspielraum. So sei bisher nur ein Teil des Rahmens von 1,85 Billionen Euro genutzt worden, den das große Pandemie-Anleihenkaufprogramm PEPP besitzt. "Aber wenn wir dieses Geld ausgegeben haben und immer noch unser Ziel verfehlen, dann müssen wir mehr tun", sagte er. Die Notenbank könne mit einer Inflation von 1,2 Prozent 2022 und 1,4 Prozent 2023 nicht zufrieden sein. Dies sind die jüngsten Prognosen der EZB-Volkswirte vom März. Die Euro-Wächter streben knapp unter zwei Prozent Inflation als Idealwert für die Wirtschaft der Eurozone an, verfehlen dieses Ziel aber bereits seit Jahren.

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