Saab-Unterlagen aus EADS-Akten entfernt?

Saab-Unterlagen aus EADS-Akten entfernt?
EADS dementiert jegliche Verdachtsmomente in Richtung Industriespionage. Die brisante Chronologie der Befragung der EADS-Manager.

In den mutmaßlichen Schmiergeldkrimi rund um den Kauf der Eurofighter durch die österreichische Bundesregierung ist nach gemeinsamer Recherche des KURIER und des deutschen Nachrichten-Magazins Der Spiegel Bewegung gekommen. Wie berichtet, lässt ein Untersuchungsbericht der internationalen Anwaltskanzlei Clifford Chance, der von der aktuellen Führung EADS selbst in Auftrag gegeben wurde, den Verdacht aufkeimen, dass rund um die Auftragsvergabe womöglich Industriespionage im Spiel gewesen sein könnte. Der Grund: EADS Deutschland soll über Unterlagen des unterlegenen Mitbieters SAAB/Gripen verfügt haben.

Vorwürfe bestritten

Das Dementi von EADS ließ nicht lange auf sich warten. „Für die weder neue noch bewiesene Behauptung ‎ist auch in den Recherchen und Interviews der letzten Monate kein konkreter Anhaltspunkt gefunden worden“, heißt es in einer Presseerklärung. „EADS hat alle dem Unternehmen dazu vorliegenden Informationen an die Staatsanwaltschaft weitergeleitet.“ Nachsatz: „Alles was jetzt ans Licht kommt und via Medien publiziert wird, ist das Ergebnis eines von dem gegenwärtigen Management von Airbus angestrengten Aufarbeitungsprozess der damaligen Vorgänge bei EADS.“

Die Anwälte von Clifford Chance fanden laut Bericht im Jahr 2013 (!) bei EADS „keine Unterlagen von SAAB/Gripen, die die Aussagen stützen würden, wonach angebliche Bieterunterlagen von SAAB auf dem Gelände von EADS Deutschland gefunden worden sein sollen“. Hier die brisanten Original-Auszüge aus der Befragung der EADS-Manager durch die internationale Anwaltskanzlei Clifford Chance-Bericht in deutscher Übersetzung:

Brisante Aussage des Revisors

Am 7. Februar und 8. Februar 2013 führte Clifford Chance zwei Gespräche mit Franz S., einem pensionierten Mitarbeiter der Innenrevisions-Abteilung von EADS. Bei beiden Gesprächen erläuterte Franz S., dass er 2007 eine Prüfung in den Räumen von EADS Deutschland durchgeführt habe, deren Gegenstand die Beratungskosten im Zusammenhang mit der österreichischen Eurofighter-Kampagne gewesen seien. Er sagte, an einem Freitag im Laufe seiner Prüfung habe er 10 bis 15 Leitz-Ordner gesehen, die in einem Archiv in den Räumen von EADS Deutschland gelagert waren und offenbar Angebotsunterlagen von Saab/Gripen enthielten; darauf habe er den ersten EADS-Manager* (Name der Redaktion bekannt) aufmerksam gemacht. Außerdem sagte er, nach dem Wochenende seien die Unterlagen nicht mehr da gewesen. Er machte keine näheren Angaben dazu, um welche Art von Angebotsunterlagen es sich gehandelt habe.

Zwei EADS-Manager konfrontiert

Am 12. Februar 2013 führte Clifford Chance ein Gespräch mit besagtem ersten EADS-Manager und konfrontierte ihn mit der vorstehenden Aussage. Der EADS-Manager sagte, er erinnere sich, dass Franz S. ihn auf solche Angebotsunterlagen von Saab Gripen aufmerksam gemacht habe, dass es sich aber lediglich um einige Papiere („a Blätterl") im Umfang von rund zehn Seiten gehandelt habe. Er sagte auch, ein zweiter EADS-Manager (Name der Redaktion bekannt) sei dabei gewesen, als Franz S. die Unterlagen angesprochen habe, und dass dieser (zweite) EADS-Manager sie „mit nachhause" genommen habe.

Nur Zeitungsinserate?

Am 28. Februar 2013 führte Clifford Chance ein kurzes Telefonat mit dem zweiten EADS-Manager. Er gab an, Unterlagen von Saab/Gripen habe es bei EADS nie gegeben. Er meinte darüber hinaus, er könne sich nicht erinnern, dass Franz S. ihm Angebotsunterlagen von Saab/Gripen gezeigt habe. Außerdem sagte er, er erinnere sich an eine Zeitungsannonce von Saab/Gripen nach der Modellauswahl, die Zahlen zum Angebot von Saab/Gripen enthalten habe und sich in seinen bei EADS aufbewahrten Akten befinden sollte.

Doch Anbotsunterlagen von SAAB

Am 14. März 2013 führte Clifford Chance wieder ein Gespräch mit dem ersten EADS-Manager. Gleich zu Beginn des Gesprächs, nachdem wir ihm eine Frage zu einem anderen Themagestellt hatten, unterbrach uns der erste EADS-Manager aus eigenem Antrieb und sagte, er wolle nochmals über die angeblichen Angebotsunterlagen von Saab/Gripen sprechen. Er sagte, es habe sich um Angebotsunterlagen von Saab Gripen betreffend Offset gehandelt. Er sagte, Franz S. habe bei einem Meeting mit ihm und dem zweiten EADSA bei der Prüfung 2007 solche Angebotsunterlagen betreffend Offset (Anmerkung: Gegengeschäfte) aus Akten des zweiten EADS-Managers herausgenommen und mit den Worten, der zweite EADS-Manager dürfe solche Unterlagen gar nicht in seinen Akten haben, vor den Manager auf den Tisch geworfen. Ferner sagte er, dass der zweite EADS-Manager sie dann „zu sich" genommen habe.

Der erste EADS-Manager bestritt, dass er bei seiner Befragung am 12. Februar 2013 gesagt habe, der zweite EADS-Manager habe sie (Anm.:die Unterlagen) „mit nachhause" genommen. Es habe sich um rund 20 Seiten gehandelt. Er bestritt, dass er bei seiner Befragung am 12. Februar 2013 von einigen wenigen Papieren („a Blätterl") gesprochen habe. Auf Nachfrage sagte er, auf den Unterlagen habe sich das Saab-Logo befunden und es habe sich bei den Dokumenten eindeutig um Angebotsunterlagen von Saab/Gripen bezüglich Offset (Anm.:Gegengeschäfte) gehandelt, aber er habe sie nicht im Einzelnen durchgesehen und erinnere sich nicht an weitere inhaltliche Details.

Auf weitere Nachfrage von Clifford Chance sagte der erste EADS-Manager, er habe nach seiner Befragung am 12. Februar 2013 mit niemandem über die Unterlagen gesprochen. Auf weitere Nachfrage sagte er, er erinnere sich nicht, könne aber auch nicht ausschließen, dass er die Entdeckung der Unterlagen damals innerhalb von EADS wegen des Verdachts auf Fehlverhalten gemeldet habe.

*Der KURIER hat die Namen der beiden EADS-Manager durch „erster EADS-Manager“ und „zweiter EADS-Manager“ ersetzt.

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