EU will, dass Pasta, Tee und Kaffee nicht mehr ablaufen

EU-Debatte. Packungen für Nudeln, Kaffee oder Tee sollen künftig nicht mehr ablaufen.

Die Streichung des Ablaufdatums soll die Verschwendung von Lebensmitteln eindämmen. Jeder EU-Bürger wirft im Jahr 179 Kilo Lebensmittel in den Müll, in Summe ergibt das 89 Millionen Tonnen, so die Statistik. Umfragen zufolge wandert jeder fünfte Einkauf in der Originalverpackung in den Müll. Gleichzeitig leben 79 Millionen EU-Bürger unter der Armutsgrenze, 16 Millionen sind von karitativen Institutionen abhängig.

Die EU will jetzt die Reißleine ziehen. Im Jahr 2025 sollen nur noch halb so viele Lebensmittel weggeworfen werden wie heute, so das erklärte Ziel. Im Zuge dessen haben die EU-Landwirtschaftsminister am Montag in Brüssel diskutiert, das Mindesthalbarkeitsdatum bei einigen Lebensmitteln abzuschaffen. Auf Artikeln wie Zucker, Salz oder hochprozentigem Alkohol gibt es schon jetzt kein Ablaufdatum mehr, weil die Produkte praktisch nicht verderben. Zumindest wenn sie richtig gelagert werden. Künftig sollen auch Packungen mit Reis, Nudeln, Kaffee oder Tee kein Ablaufdatum mehr bekommen.

EU will, dass Pasta, Tee und Kaffee nicht mehr ablaufen
APA16448422 - 14012014 - WAIDHOFEN AN DER YBBS - ÖSTERREICH: Bundesminister fuer Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft Andrae Rupprechter (ÖVP) vor Beginn einer 2-tägigen Regierungsklausur am Dienstag, 14. Jänner 2014 in Waidhofen an der Ybbs... APA-FOTO: HANS PUNZ
LandwirtschaftsministerAndrä Rupprechter(ÖVP) hält die Initiative, die auf EU-Ebene von Schweden und den Niederlanden vorgebracht wurde, für sinnvoll: "Wir müssen grundsätzlich mehr Bewusstsein dafür schaffen, wie viele Lebensmittel weggeworfen werden, während 800 Millionen Menschen weltweit Hunger leiden müssen. Das sollten wir nicht durch künstliche Regeln wie Haltbarkeitsdaten unterstützten."

Sicherheit

In der Branche sieht man den Vorstoß gelassen: "Das ist jetzt einmal eine Idee", relativiert Katharina Kloßdorff, Geschäftsführerin des Fachverbandes Lebensmittelindustrie in der Wirtschaftskammer. Von der Idee zum EU-Gesetz wird es wohl zumindest zwei Jahre dauern.

Martin Terzer, Geschäftsführer des Tiroler Teigwarenherstellers Recheis, fand das bisherige Mindesthaltbarkeitsdatum sinnvoll. Auch aus Sicht der Lebensmittelsicherheit. Man müsse sich auch die Frage stellen, wie Lebensmittel ohne Mindesthaltbarkeitsdatum beurteilt werden sollen. Wie solle man dann mit Produkten umgehen, die nicht mehr in Ordnung sind, aber über die es mangels Mindesthaltbarkeitsdatum keine Informationen zum Alter gibt. Terzer: "Es sind noch viele offene Fragen zu klären."

Oskar Wawschinek, Geschäftsführer der Lebensmittelversuchsanstalt (LVA), appelliert an den Hausverstand der Konsumenten. "Vielen werfen originalverpackte Lebensmittel weg, weil sie einen Tag über dem Ablaufdatum sind." Oft sei das Essen aufgrund der hochwertigen Verpackung aber noch wochenlang genießbar. Wie lange genau, hängt immer auf von der Lagerung ab. Wawschinek: "Wenn sie eine Konservendose auf eine Bootstour mit hohem Wellengang mitnehmen, wird sie weniger lange halten, als zu Hause im Küchenkasten." Vieles sei quasi unverderblich, auch wenn sich die Konsistenz verändern oder das Aroma nachlassen würde. Wie bei Pulverkaffee in Aromapackungen.

Die Pfeiffer-Gruppe (Zielpunkt, Unimarkt, Nah&Frisch) begrüßt den Vorschlag der EU. In Österreich landen jährlich 157.000 Tonnen Lebensmittel im Müll.

Wann haben Sie zuletzt nicht verspeiste Wurst, abgelaufene Milch, schrumpeliges Obst weggeworfen? Faktum ist: 179 Kilo an Lebensmitteln wirft jeder EU-Bürger pro Jahr auf den Müll, viel davon in Originalverpackung. Jetzt will die EU dagegen ankämpfen: Ein erster Schritt soll das Ende der Haltbarkeitsdaten auf schwer Verderblichem wie Kaffee, Nudeln oder Reis sein.

Die Wegwerfgesellschaft ist ein Wohlstandsphänomen. "Essen wirft man nicht weg" stammt aus einer Zeit, als man den Schilling zwei Mal umdrehte und knapp die Hälfte des Haushaltseinkommens in die Ernährung floss (Mitte des vergangenen Jahrhunderts). Heute gehen nur noch 12 Prozent für Speis und Trank auf – vom Kühlschrank in den Müll geht da offenbar leicht von der Hand. Ob da Haltbarkeitsentwarnungen oder Appelle an den Hausverstand helfen?

Vielleicht hilft dennoch eine Zahl: Jeder Haushalt kübelt so 300 Euro pro Jahr. Wenn die Zeiten grad gar so schlecht sind, wie sie gerne bejammert werden, dann müsste ab sofort gegessen statt gekübelt werden.

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