EU-Kommission prüft verbotene Absprachen zwischen ÖBB und České dráhy
Die Österreichischen Bundesbahnen (ÖBB) und die tschechische Bahn České dráhy (ČD) sind wegen des Verdachts auf verbotene Absprachen ins Visier der EU-Wettbewerbsbehörden geraten. "Die EU-Kommission prüft derzeit, ob sie Absprachen auf dem Markt für gebrauchte Schienenpersonenwagen getroffen haben", teilte die Brüsseler Behörde am Freitag mit. Eine entsprechende Mitteilung sei an die beiden Schienenverkehrsbetreiber ergangen.
Die EU-Kommission habe "vorläufig festgestellt, dass ÖBB und ČD gegen die EU-Wettbewerbsvorschriften verstoßen haben, und zwar durch Absprachen, die einem neuen Marktteilnehmer, Regio-Jet, den Zugang zu gebrauchten Schienenpersonenwagen erschweren und den Wettbewerb im Schienenpersonenverkehr einschränken sollten", erklärte die für Wettbewerb zuständige Exekutiv-Vizepräsidentin der EU-Kommission Margrethe Vestager.
Seit sechs Jahren wird untersucht
Konkret trat das tschechische Eisenbahnunternehmen Regio-Jet der Aussendung zufolge 2011 in den Schienenpersonenverkehr ein und setzte weitgehend auf gebrauchte Züge. Die EU-Kommission wirft nun ÖBB und ČD vor, zwischen 2012 und 2016 einen "kollektiven Boykott" betrieben zu haben, um ihre Marktposition zu erhalten. Sollte sich "die vorläufige Auffassung" der EU-Behörde bestätigen, würde das Verhalten von ÖBB und ČD gegen Unionsrecht verstoßen, heißt es in der Aussendung. Die EU-Behörden untersuchen den Fall seit sechs Jahren.
Die ÖBB wollten sich inhaltlich dazu nicht äußern, da es sich um ein "laufendes Verfahren" handle. Das Unternehmen sei aber an einer Aufklärung des Falls interessiert und kooperiere mit der EU-Kommission, teilten die ÖBB der APA mit.
ČD bestritt auf Anfrage der tschechischen Nachrichtenagentur CTK, Kartellabsprachen getroffen zu haben. Man werde die Vorwürfe der EU-Kommission sorgfältig prüfen und dann dazu Stellung nehmen, sagte Unternehmenssprecherin Vanda Rajnochová.
Regio-Jet-Eigentümer Radim Jančura sagte, er werde das Ende der Ermittlungen abwarten und dann eine Entschädigung beantragen. Sollte die Europäische Kommission zu dem Schluss kommen, dass ausreichende Beweise für verbotene Absprachen vorliegen, könnte sie gegen die Unternehmen eine Geldstrafe von bis zu 10 Prozent ihres weltweiten Jahresumsatzes verhängen. Laut dem Jahresbericht von ČD beliefen sich die Gesamteinnahmen des Unternehmens im Jahr 2021 auf 37,8 Mrd. Kronen. (1,53 Mrd. Euro). Der Konzernumsatz der ÖBB betrug 4,36 Mrd. Euro.
Regio-Jet habe die ersten 100 Waggons von der ÖBB gekauft und damit 2011 begonnen, ČD Konkurrenz zu machen, sagte Jančura. Dann habe das Unternehmen plötzlich keine weiteren Waggons mehr bekommen. Als weitere rund 200 Waggons zum Verkauf standen, habe ČD sie alle aufgekauft, so Jančura. "Wenn diese Aktion nicht stattgefunden hätte, wäre Regio-Jet jetzt ein dreimal so großes Unternehmen und würde Züge in einem großen Teil Europas betreiben", sagte er zur CTK. Es sei noch zu früh, um den Schaden zu beziffern.
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