ESM: Fischer will "sorgfältig prüfen"
Am Mittwoch hat der Nationalrat den Fiskalpakt und den Rettungsschirm ESM verabschiedet, gestern ging beides durch den Bundesrat. Danach ist der Bundespräsident an der Reihe, diese beiden Staatsverträge zu unterfertigen. Der Fiskalpakt ist insofern umstritten, als manche Verfassungsjuristen meinen, er hätte mit Zweidrittelmehrheit vom Nationalrat beschlossen werden müssen, weil er "verfassungsändernd" sei. Das Argument: Durch die Schuldenbremse im Fiskalpakt – nicht mehr als 0,5 Prozent strukturelles Defizit – würde die Budgethoheit des Nationalrats eingeschränkt. Mindestens ebenso viele Verfassungsrechtler sagen das Gegenteil – etwa Bernd Christian Funk: Formaljuristisch bleibe die Budgethoheit des Nationalrats gewahrt, die EU sei keine "overruling power", hätte also nicht das letzte Wort. Insofern genüge die einfache Mehrheit.
Laut Verfassung darf der Bundespräsident einen Staatsvertrag dann nicht unterschreiben, wenn er "offensichtlich" nicht verfassungskonform zustande gekommen ist. Das verlangt nun die vereinte Opposition von Fischer beim Fiskalpakt.
"Offensichtlich" ist das aber beim Fiskalpakt nicht (siehe die Widersprüche der Experten). Er ist lediglich "umstritten". Daher wird Fischer das Zustandekommen von ESM und Fiskalpakt zwar "sorgfältig prüfen", um sich nicht dem Vorwurf der Oberflächlichkeit auszusetzen. Er wird beides letztendlich jedoch unterschreiben, denn nur so macht er den Weg für einen rechtsverbindlichen Befund frei: für ein Urteil des Verfassungsgerichtshofs.
ESM und Fiskalpakt beim Höchstgericht
Anders als in Deutschland, wo Bundespräsident Joachim Gauck mit seiner Unterschrift einen Spruch des Bundesverfassungsgerichts – der für 10. Juli angekündigt ist – abwartet, darf bei uns der Verfassungsgerichtshof ohne Unterschrift des Bundespräsidenten gar nichts prüfen. In Österreich muss ein Gesetz oder ein Staatsvertrag gültig sein, bevor das Höchstgericht tätig werden kann.
Schon Bundespräsident Rudolf Kirchschläger sagte in solchen Situationen: "Im Zweifel unterschreibe ich, damit das Höchstgericht prüfen kann."
ESM und Fiskalpakt werden beim Höchstgericht landen: Die blaue Kärntner Regierung will beides anfechten, die vereinte Opposition (ein Drittel der Abgeordneten) den Fiskalpakt.
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