Erdgas-Pipeline auf Schrumpfkurs

Die Nabucco-Leitung wird kürzer und sie dürfte mit weniger Partnern auskommen müssen. OMV könnte RWE-Anteil übernehmen.

Das Erdgas-Pipelineprojekt Nabucco, vor Jahren als großartige Alternative zum Russen-Gas für Europa gefeiert, verliert Stück für Stück an Glanz: Das ursprünglich 3300 Kilometer lange Leitungsvorhaben, das Gas vom Kaspischen Meer nach Westeuropa bringen sollte, ist erst vor wenigen Monaten auf 1300 Kilometer von der türkisch-bulgarischen Grenze bis Österreich zurückgestutzt worden. Jetzt dürfte der Nabucco auch noch ihr deutscher Partner, der Energiekonzern RWE, abhandenkommen.

Nur noch Fünf

Dann wären es nur noch Fünf: Die österreichische OMV als Leiterin des Nabucco-Konsortiums, die ungarische MOL, die rumänische Transgaz, die Bulgarian Energy Holding und die türkische Botas. Marktgerüchten zufolge soll die OMV den Anteil der RWE am Nabucco-Projekt übernehmen.
Offiziell wollten am Montag weder OMV, noch RWE oder das Nabucco-Konsortium etwas dazu sagen. „Wir kommentieren keine Marktgerüchte“, hieß es unisono von den drei Unternehmen. Die Überlegungen der RWE, die Gruppe zu verlassen, dürften allerdings weit fortgeschritten sein. In informierten Kreisen wird noch diese Woche eine offizielle Mitteilung erwartet.

Schwierigkeiten

Das Nabucco-Projekt kämpft seit Jahren gegen scharfe Konkurrenz: Zum einen versucht Russland diesen Pipelinebau zu hintertreiben und startete die South Stream – ein eigenes Leitungsvorhaben durch das Schwarze Meer nach Westeuropa. Zum anderen hat die Türkei einen Großteil der geplanten Leitung an sich gezogen: Zusammen mit Aserbaidschan bauen die Türken den Hauptteil der früheren Nabucco vom Kaspischen Meer bis an die türkisch-bulgarische Grenze nun selbst. Dort soll dann die verkürzte Nabucco – Nabucco-West – ansetzen.

Zu langer Poker

Für die RWE dauert dieses Pokerspiel um die Pipeline offenbar zu lange. Und da die Deutschen am Ende der Gaslieferkette der
Nabucco lägen, ist offenbar gar nicht gesichert, dass sie über diese Pipeline auch genug Gas erhielten. Für die OMV sieht die Sache anders aus: Sie möchte das Erdgas, das sie vor der rumänischen Küste fördern will, über die Nabucco-West transportieren.

Der heimische Verbund besinnt sich wieder auf die nähergelegenen Märkte: Er wird seinen Anteil am 2007 gegründeten Gemeinschaftsunternehmen EnerjiSA mit der türkischen Sabanci-Gruppe gegen Wasserkraftwerke in Deutschland und Österreich tauschen.

Der Aufsichtsrat des Verbund soll die Transaktion, die ein Volumen von mehr als einer Milliarde Euro umfassen soll, am Montagabend genehmigen. Den Verbund-Anteil an EnerjiSA wird die deutsche E.ON übernehmen, die im Gegenzug einen Teil ihrer Wasserkraftwerke an den Verbund abgeben will. Diese Wasserkraftwerke passen gut zum Verbund. Der Konzern hat schon 2009 13 Kraftwerke von der E.ON erworben. Für Analysten ist der Ausstieg aus der Türkei durchaus positiv. Das Engagement brachte zuletzt Verluste. Wesentlich ist auch der Verkaufspreis. In den Verbund-Büchern steht EnerjiSA mit mehr als 900 Millionen Euro.

Stromnetz

Große Ausbaupläne hat die Leitungs-Tochter des Verbund, APG: bis 2020 will sie zwei Milliarden Euro in Netze und Umspannwerke investieren, sagt der APG-Chef Heinz Kaupa. Notwendig werde dies, um die vielen neuen Windkraftwerke anzuschließen. Die APG hofft, dass die EU die Netzprojekte als vorrangig einstuft. So kann die APG auf günstigere Finanzierung hoffen. Aber auch die Stromkunden werden über höhere Netztarife mitzahlen müssen.

Kommentare