Entwaldungsgesetz: Ein grünes Prestigeprojekt der EU vor dem Aus

Es war ein grünes Prestigeprojekt der EU, vor zwei Jahren mit großer Mehrheit auf den Weg gebracht. Jetzt wird es in Brüssel zu Fall gebracht, vielleicht endgültig: Die Entwaldungsverordnung. Das Gesetz sollte dafür sorgen, Produkte, für die Wälder gerodet wurden , nicht mehr auf dem EU-Markt zuzulassen. Betroffen waren Kaffee, oder Rindfleisch aus Südamerika, Palmöl aus Indonesien, aber auch Produkte der Holzindustrie, für die etwa Urwälder in Rumänien geschlägert worden waren.
Am Dienstag tischte die zuständige EU-Umweltkommissarin Jessika Rosswall eine Verschiebung des Gesetzes auf, die zweite innerhalb weniger Monate. Damit soll es erst 2027 in Kraft treten, zwei Jahre später als geplant.
Widerstand aus Österreich
Doch dass das wirklich stattfindet, erscheint vielen unwahrscheinlich. Denn auch im EU-Parlament hat sich inzwischen eine Mehrheit gegen das Gesetz formiert: Die Europäische Volkspartei EVP ist entschlossen, sich dafür mit mehreren Fraktionen vom rechten politischen Rand zusammenzutun. Auch unter den Mitgliedsstaaten wächst der Widerstand, angeführt von Ländern mit großer Holzindustrie, also auch Österreich. Landwirtschafts- und Umweltminister Norbert Totschnig läuft seit Monaten Sturm gegen die Entwaldungsverordnung, Sie belaste heimische Forstwirte und die Holzindustrie mit „unnötiger Bürokratie“. Schließlich habe Österreich ohnehin ein strenges Forstgesetz und gut geschützte Wälder.
Im aktuellen Gesetz werden die Staaten weltweit in drei Risikoklassen eingeteilt: Niedrig, mittel und hoch. Österreich wird als niedrig eingestuft, die meisten anderen Staaten mittel, also auch Länder, in denen nachweislich Urwälder gerodet werden, wie in Brasilien. Ein missglückter Kompromiss, der in Brüssel getroffen wurde, um Agrarriesen wie eben Brasilien, oder Indonesien nicht zu verärgern. Zwar sind die Kontrollen in den Niedrigrisiko-Staaten relativ einfach zu handhaben, für Umweltminister und Holzindustrie sind sie trotzdem mühsam und überflüssig.
Totschnig fordert, Österreich, wie auch die meisten anderen EU-Staaten in eine neu zu schaffende „Nullrisiko“-Kategorie einzuordnen. Damit würden alle Kontrollen nach den Regeln der Entwaldungsverordnung wegfallen.
Damit aber muss das Gesetz von der EU-Kommission zur Gänze neu aufgeschnürt werden. Für Grüne und Umweltschützer ist das eine politische Finte. Für Umweltschutz-Gesetze gäbe es in der EU derzeit keine Mehrheiten mehr und damit sei die Entwaldungsverordnung wohl endgültig vom Tisch. „Das Ziel ist das Abwracken des europäischen und des globalen Waldschutzes“, warnt der grüne EU-Abgeordnete Thomas Waitz. Für die EVP dagegen ist die Verschiebung ein überfälliger Schritt zum Abbau von Bürokratie, wie ihn die EU-Kommission versprochen habe. Wäre das Gesetz in Kraft getreten, meint Umweltsprecher Norbert Liese, „hätten wir Waldbauern. Landwirte und mittelständische Kaffeeröster vor unlösbare Probleme gestellt.“
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