Entspannung vertagt: Strom und Gas heizen Inflation nochmals kräftig an
Im November und Dezember war die Inflation bereits auf bis zu 10,2 Prozent gesunken, die Trendwende schien damit eingeläutet.
Doch die neueste Schnellschätzung der Statistik Austria für die Inflation im Jänner mit 11,1 Prozent lässt keine Freude aufkommen. Der Wert ist nicht nur höher als am bisherigen Höhepunkt im Oktober mit damals 11,0 Prozent, sondern repräsentiert auch den höchsten Wert seit mehr als 70 Jahren (Juli 1952: 14,1 Prozent). Auch während der Ölkrise der 1970er-Jahre stieg die Teuerung nie über 10,2 Prozent.
Die gute Nachricht: Die Erholung an der Preisfront dürfte nicht aufgehoben, sondern nur aufgeschoben sein.
Wifo-Ökonom Marcus Scheiblecker sagt zum KURIER: „Der Jänner und auch der Februar sind zwei Ausreißermonate. Ab März wirkt dann die jüngste Maßnahme der Regierung, 80 Prozent der Strom-Netzkosten zu ersetzen. Spätestens dann müsste die Inflation sinken und einstellig werden – wenn auch vielleicht im ersten Schritt nur mit 9,9 Prozent.“
6,5 statt 8,6 Prozent heuer
So erwartet das Wifo im Gesamtjahr 2023 nur noch eine Inflation von 6,5 Prozent oder sogar darunter – je nach Entwicklung bei den Energiepreisen. 2022 betrug die Jahresinflationsrate 8,6 Prozent.
Im Wesentlichen gibt es drei Gründe für die überraschenderweise noch einmal angestiegene Inflationsrate.
Beim Strompreis geht es noch einmal nach oben
Drei Landesenergieversorger (Salzburg AG, Energie AG Oberösterreich, Burgenland Energie) haben zu Jahresbeginn ihre Preise wie angekündigt angehoben. Wien und Niederösterreich waren schon im Herbst dran. Die Strompreisbremse wirkt bereits, subventioniert aber nur den Verbrauch. Die Förderung bei den stark gestiegenen Netzkosten, die 28 Prozent des Strompreises beim Verbraucher ausmachen, greift erst im März. Im österreichweiten Durchschnitt bedeutet dies in Summe einen neuerlichen Inflationsbeitrag vom Strompreis her.
Geringerer Gaspreis noch nicht angekommen
Beim Gaspreis ist es nicht viel anders. Zwar sind die Großhandelspreise schon merklich gesunken, sie liegen aber immer noch deutlich über dem Vorjahr und langjährigen Durchschnitt. Dazu kommt: Preissenkungen werden zeitverzögert an die Konsumenten weitergegeben. Der von der EU im Dezember beschlossene Gaspreisdeckel hat überdies für österreichische Konsumenten derzeit keine Auswirkung.
Die Ausnahme sind Kunden mit Floater-Tarifen, die monatlich mit dem Großhandelspreis schwanken. Diese Tarife sind in Österreich aber relativ selten. Die üblichen Tarife orientieren sich zwar auch am Großhandelspreis, sie werden aber im Nachhinein an einen Durchschnittswert der vergangenen zwölf Monate angeglichen, wo die Preissprünge wegen des Ukraine-Krieges enthalten sind.
Daher wird mit einer Entspannung beim Gaspreis in Wahrheit erst in der zweiten Jahreshälfte gerechnet, da die Weitergabe sinkender Preise laut Experten durchschnittlich je nach Anbieter etwa ein halbes Jahr dauert.
Auch Tanken ist wieder etwas teurer geworden
Am gesunkenen Ölpreis kann es nicht liegen, vielleicht eher an den bevor stehenden Semesterferien. Jedenfalls sind auch die Preise an den Zapfsäulen wieder etwas gestiegen, wie der ÖAMTC weiß.
Im Jänner kostete ein Liter Diesel im österreichweiten Durchschnitt 1,760 Euro und damit um 7,4 Cent mehr als noch im Dezember. Bei Super liegt das Plus bei 9,8 Cent, was im Jänner zu einem durchschnittlichen Literpreis von 1,584 Euro führte.
Mit der Erhöhung der zusätzlichen CO2-Bepreisung zu Jahresbeginn – auf 32,5 Euro je Tonne CO2 – könne man diesen Preisanstieg jedenfalls nicht begründen, sagt der ÖAMTC. Die zusätzlichen 2,5 Euro je Tonne seien inklusive Umsatzsteuer lediglich für eine Erhöhung von rund 0,8 Cent bei Diesel und rund 0,7 Cent bei Super verantwortlich.
Zum Vergleich und zur Einordnung: Im Vorjahr lagen die Spritpreise zeitweise deutlich über zwei Euro. Vereinzelt wurde beim Diesel sogar von Tankstellen berichtet, die mehr als drei Euro verlangt hatten. Von diesen Preisen ist man wieder deutlich entfernt und dennoch wird naturgemäß Kritik geübt.
Regierung schuld?
Politisch hat die Nachricht von der neuerlich gestiegenen Inflation am Mittwoch klarerweise wie eine Bombe eingeschlagen.
AK und ÖGB forderten auch angesichts der Arbeitsmarktdaten erneut eine Anhebung des Arbeitslosengeldes auf eine Nettoersatzrate von 70 Prozent. Erhöht werden müsste auch die Notstandshilfe. Die SPÖ machte die ÖVP-Grünen-Regierung für die hohe Inflation verantwortlich und forderte einmal mehr Preissenkungen. Die FPÖ ist hingegen für ein Ende der Russland-Sanktionen und für weitere Steuersenkungen.
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