Einkaufszentren: Der Boom geht weiter östlich weiter

Louis Vuitton, Roberto Cavalli, Alexander McQueen ab Sommer als letzte Eröffnung – das Goldene Quartier in Wiens Innenstadt ist nicht gerade das klassische Einkaufszentrum.
Österreich ist fast ausgereizt – in Russland und der Türkei wird dafür gebaut wie wild.

Hinter jedem Kreisverkehr muss ein Einkaufszentrum her: Der Kalauer hat ausgedient – zumindest in Österreich. Das ungebremste Flächenwachstum ist zu Ende. "In Zukunft werden deutlich weniger Eröffnungen stattfinden. Die Zeit der großen neuen Einkaufszentren mit 25.000 Quadratmetern oder mehr ist vorbei", sagt Roman Schwarzenecker von der Beratungsfirma Standort+Markt (S+M). Allerdings werde es mehr "Relaunches" geben. Shoppingtempel brauchen nämlich alle acht bis zehn Jahre eine Rundum-Erneuerung. Diese wird oft von Erweiterungen oder Umbauten begleitet.

Einkaufszentren (EKZ) sind eine vergleichsweise junge Erscheinung – so richtig eingesetzt hat der Boom in Österreich ab 1980. Dass die Expansion nun schaumgebremst erfolgt, hat mehrere Gründe. Anfangs zogen EKZ Umsätze aus den Innenstädten ab – gelitten hat der traditionelle, gewachsene Handel. Mittlerweile jagen die Shoppingtempel einander gegenseitig die Käufer ab. Obendrein nimmt die Konkurrenz durch Online zu. "Früher war der Anstieg der Geschäftsflächen durch die steigende Kaufkraft gerechtfertigt", sagt Schwarzenecker. Jetzt sprechen stagnierende Reallöhne dafür, dass der Plafond erreicht ist.

Kostenargument zieht

Einkaufszentren: Der Boom geht weiter östlich weiter
Im europaweiten Vergleich liegt Österreich bei der Shoppingcenter-Fläche pro Einwohner auf Platz 10, deutlich über dem EU-Durchschnitt (siehe Grafik). Bei 16 Millionen Quadratmetern Handelsfläche insgesamt zählte S+M zuletzt 223 Einkaufszentren mit 3,8 Millionen Quadratmetern Mietfläche. 2014 kommen 113.000 Quadratmeter durch einige Neueröffnungen und Erweiterungen dazu. Das liegt etwas unter dem langfristigen Flächenzuwachs – Tendenz sinkend, sind Experten überzeugt. "Der strukturelle Wandel der Handelslandschaft führt zu einem verstärkten Grübeln, welche Fläche zukünftig noch wirtschaftlich zu führen ist", beobachtet Christian Haidinger vom Immobilienmakler RE/MAX Commercial Oberösterreich."Weiße Flecken" auf der Landkarte sieht Schwarzenecker noch in einigen Bezirks- oder Zweitstädten.

Wachstumschancen hätten zudem Fachmarktzentren: Das sind jene Handelsflächen, wo – oft in Gewerbeparks am Stadtrand – mehrere große Märkte unter einem Dach angesiedelt sind, deren Eingänge jedoch getrennt vom Parkplatz aus erreichbar sind. "Wenn die Zeiten nicht so rosig sind, wird auf die Kosten geachtet." In Fachmarktzentren sind sowohl Mieten als auch Betriebskosten – für Reinigung, Werbebeiträge, Klimaanlage – geringer. "Sie erscheinen somit als risikoärmere Investition", sagt Schwarzenecker. Laut einer S+M-Erhebung sind die zufriedensten Mieter in gut gehenden Fachmarktzentren zu Hause.

In der Pipeline

Das letzte Riesen-EKZ auf der Grünen Wiese war in Österreich das G3 Shopping in Gerasdorf bei Wien, das 2012 mit zirka 70.000 Quadratmetern Fläche aufgesperrt hat. Vor wenigen Tagen eröffnet wurde die Erweiterung des Fischapark in Wiener Neustadt. 2014 werden in Wien das EKZ am Hauptbahnhof, das Citygate (21. Bezirk) und das Goldene Quartier (endgültig) eröffnen. Das Auhofcenter im 14. Bezirk wird ausgebaut. Neue Flächen kommen durch das Mariandl Wachau (Krems), KISS (Kufstein), Kitz Galleria (Kitzbühel) sowie Ausbauten bei Leoben City Shopping, Villagio (Parndorf) sowie Fachmarktzentren in Frauenkirchen, Zams, Parndorf, Perg und Knittelfeld.

Durch Einkaufsstraßen flanieren, im Shoppingcenter die neue Frühjahrsmode anprobieren, zwischendurch auf einen Kaffee oder einen Snack, dann zum nächsten Laden bummeln. Den ganz normalen analogen Einkauf wird es sicher noch lange geben. Zugegeben: Ein paar Klicks auf Homepages gehen um vieles schneller, können das Einkaufserlebnis aber nicht ersetzen.

Das Online-Geschäft wird dem stationären Handel sicher noch ein paar Marktanteile wegschnappen können. Irgendwann wird hier aber eine Grenze erreicht sein. Vor allem dann, wenn der Handel zwei Dinge tun darf: Geld für Beratung verlangen und länger offen haben, auch am Sonntag.

Sich lang und breit beraten zu lassen, um dann, ausgestattet mit sämtlichen Informationen, das günstigste Angebot im Internet zu suchen – uns Konsumenten sollte bewusst sein, welche Konsequenzen diese Vorgangsweise hat. Der beratende Händler wird nicht lange überleben können. Das war’s dann mit Beratung und Nahversorgung. Wir sollten also bereit sein, für die Beratung Geld auf den Tresen zu legen.

Das Internet ist immer verfügbar, rund um die Uhr. Das muss der stationäre Handel nicht können. Aber zumindest ein paar Stunden am Sonntag sollte die Ladenöffnung doch möglich sein. Natürlich mit freiwilligen Mitarbeitern. Das reflexartige Nein der Gewerkschaft verstehen viele nicht, die sich etwas dazuverdienen wollen. Oder eben nur einkaufen wollen.

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