Ein Wien-Fan, der sich Hilfe von der Stadt erhofft

FINABRO Gründer Søren Obling.
Für Start-up-Gründer Søren Obling sind Förderungen extrem großzügig, könnten aber effizienter sein.

In Kopenhagen ist Søren Obling aufgewachsen, dort hat er auch studiert und gearbeitet. Berufliche Stationen führten ihn nach Paris, London und Prag. In Wien ist der Däne eigentlich wegen der Liebe gelandet. Hier hat er gemeinsam mit einem Partner das Start-up Finabro gegründet, das sich als ersten digitalen Finanzberater sieht. Im Interview erzählt er, warum er "ein riesengroßer Fan von Wien" ist.

KURIER: Wo sehen Sie im Vergleich mit anderen Hauptstädten die Vorteile des Standortes Wien?

Søren Obling: Da ist zuerst einmal die Lebensqualität. Das ist natürlich eine subjektive Komponente, aber Wien hat die perfekte Größe. Wien ist eine Großstadt und trotzdem ist man mit dem Auto in 15 Minuten im Grünen draußen oder kann schnell mit dem Rad in die Innenstadt. Auch die Kaufkraft ist in Wien viel höher.

Woran messen Sie die höhere Kaufkraft?

Ich war ja früher bei McKinsey und dadurch konnte ich global vergleichen. In Kopenhagen oder Paris kostet ein Glas Wein acht bis zehn Euro, in Wien die Hälfte davon.

Schöner leben, okay. Aber wie sehen Sie den Wirtschaftsstandort?

Ich finde die Start-up-Szene sehr spannend. Im Vergleich zu Städten wie Kopenhagen ist Wien bei Förderungen von jungen Unternehmern extrem großzügig. Ich habe zum Beispiel in der Gründungsphase Arbeitslosengeld bezogen. Auch der Beschäftigungsbonus für das Einstellen von Mitarbeitern ist extrem großzügig. Aber zum Teil läuft es nicht optimal.

Haben Sie ein Beispiel dafür, wo es optimaler sein könnte?

Um Förderungen zu bekommen, muss man eine Diplomarbeit für den Antrag schreiben. 50 Seiten, das bedeutet drei Wochen Arbeit. Diese Zeit fehlt dann im Business, das ist doch gegen den Zweck der Förderung. Ein Berater, der das macht, kostet zu viel. Da muss es doch Wege geben, um das effizienter zu machen.

Und beim Beschäftigungsbonus hat alles gut funktioniert?

Er ist, wie gesagt, extrem großzügig. Aber man bekommt ihn erst nach einem Jahr. Geld gleich wäre klüger, da wäre der Beschäftigungseffekt besser. Nach einem Jahr ist es ja fein, Geld zu erhalten. Bis dahin muss ich es aber schon verdient haben.

Viele Unternehmer beklagen die überbordende Bürokratie. Sie auch?

Ich habe die Gründung nicht sehr bürokratisch erlebt. Meine Frau hat auch ein Start-up und sie hat keine Beschwerden über Bürokratie. Aber von Bekannten weiß ich sehr wohl, dass es oft schwierig ist. Da muss es einen Brandbeauftragten geben, Exit-Schilder, die den Fluchtweg kennzeichnen, da gibt es Angst vor dem Inspektor. Bei Finabro sind wir in einer speziellen Situation, dass es eine Finanzfirma ist. Wir sind geübt, mit Regeln umzugehen.

Sie sitzen im Wiener Start-up-Campus weXelerate und müssen sich vielleicht noch nicht mit der ganzen Realität auseinandersetzen ...

Ja, wir sind Happy Camper. Wir bleiben noch bis August.

Und dann müssen Sie sich teuren Büroraum suchen?

Wien ist gar nicht so teuer. Außerdem können wir vielleicht das Büro meiner Frau übernehmen.

Ein Fintech-Unternehmen wie Finabro ist erst jetzt durch die Digitalisierung möglich. Können Sie sich vorstellen, welches Unternehmen Sie vor vierzig Jahren gegründet hätten?

Ich glaube, vor vierzig Jahren hätte ich nichts gegründet. Vor dreißig Jahren schon, da hätte ich einen Private-Equity-Fonds gegründet und wäre Teil der ersten Welle gewesen. Ich zähle nicht zu jenen, die selbstständig sein müssen, um keinen Chef zu haben. Ich will eher Visionen umsetzen.

Sie und Ihr Mitgründer haben jetzt fünf Mitarbeiter. Wie ist Ihre Vision über die Entwicklung des Personalstandes?

In vier bis fünf Jahren sind mehr als hundert Mitarbeiter durchaus vorstellbar.

Wo sehen Sie sich beim Wachstum behindert, wo kann die Stadt Wien vielleicht helfen?

Das größte und schwierigste Thema ist das Recruiting. Das ist so teuer und so schwierig. Ich habe gehört, dass die Stadt München da den jungen Unternehmen hilft, mehr Arbeitskräfte zur Verfügung zu stellen. Auch Leute aus Osteuropa oder Indien. Priorität eins muss natürlich sein, Leute im Land zu finden. Aber besser Inder als niemand. US-Präsident Trump macht gerade einen Riesenfehler.

Inwiefern?

Er sorgt dafür, dass ausländische Fachkräfte nicht bleiben können, etwa im Silicon Valley. Der französische Präsident Macron ist dabei, gute Leute von Amerika zu "stehlen". Er hat in Versailles eine Riesenkonferenz mitvielen Unternehmensbossen abgehalten.

Ziel Macrons war es, Investitionen und damit auch gute Leute anzulocken. Sollte Wien auch so etwas machen?

Ja, da können wir sicher etwas lernen.

Kommentare