Ein gutes Aktienjahr – gut möglich
Dass die großen Banktitel der Eurozone, die im EuroStoxx-Index enthalten sind, im Dezember Kursgewinne von durchschnittlich 1,76 Prozent schafften, könnten Aktionäre beinahe als Hohn auffassen. Denn übers gesamte Vorjahr gesehen erlitten Anleger schmerzliche Verluste mit diesen Werten. Um fast 38 Prozent stürzten die Kursniveaus der großen Geldhäuser ab. Schlimmer erging es nur Anlegern, die auf Aktien aus dem Grundstoff-Sektor gesetzt hatten. Von den 18 Branchen, die im EuroStoxx vertreten sind, schafften es überhaupt nur zwei, das Jahr 2011 mit Kursgewinnen abzuschließen.
"Die Aktienmärkte wurden 2011, und werden auch 2012, weniger von Unternehmen bestimmt, die im Großen und Ganzen gut aufgestellt sind und durchaus mit positiven Bilanzen überzeugen", sagt Harald Schoder, Aktienexperte der Raiffeisenlandesbank NÖ-Wien. Viel mehr würden Hiobsbotschaften aus den Staatsbudgets einiger Euroländer das Geschehen an den Aktienmärkten beeinflussen.
Je länger die Unsicherheiten rund um Griechenland, Portugal, Italien und Spanien anhalten, "desto größer wird auch die Gefahr, dass sich die Wirtschaft weiter abkühlt", warnt RLB-Manager Schoder. Er sieht für heuer allerdings nicht ganz schwarz: "2012 wird sicher kein einfaches Börsenjahr. Es wäre aber auch nicht das erste Mal, dass in schwierigen Zeiten die Fundamente einer neuen Erfolgsstory gemauert werden."
Moderate Rückgänge
Viele Experten sagen der Eurozone für heuer eine leichte Rezession voraus. Das nagt natürlich an den Unternehmensgewinnen. Im Gegensatz zu früheren Rezessionen erwartet Patrick Moonen, Aktien-Chefstratege bei ING Investment Management, diesmal allerdings nur "moderate Gewinnrückgänge". Auch er sieht Positives: Insgesamt seien die Unternehmen in guter Verfassung, die Bilanzen solide und die Gewinnspannen hätten wieder überwiegend das Niveau von vor der Lehman-Krise erreicht.
Das gelte allerdings nicht für sämtliche Unternehmen und Branchen, warnt Moonen. Rohstoffabhängige Firmen, die stark auf die Nachfrage in Europa angewiesen sind, werde es besonders schwer treffen. Auf den Aktienmärkten werden heuer ohnehin heftige Stimmungsschwankungen lasten. "Positiv ist indes, dass die aktuellen Bewertungen bereits viele dieser Unwägbarkeiten widerspiegeln", bleibt auch Moonen optimistisch. Im langjährigen Rückblick betrachtet liegen die Kurs-Gewinn-Verhältnisse globaler Aktien unter dem Durchschnitt der vergangenen 40 Jahre.
Wäre da nicht das Risiko eines systemischen Zusammenbruchs infolge der Staatsschuldenkrise, würde Moonen Aktien sicher optimistischer einschätzen. Kann die Politik dieses Risiko rasch eliminieren, traut er europäischen Aktien heuer Kursanstiege um 15 bis 20 Prozent zu.
John Greenwood, Chefökonom der Investmentgesellschaft Invesco, sieht weiterhin einen Trend zu Qualitätsanlagen mit sicheren und nachhaltigen Erträgen. Dazu zählt er Unternehmens- und Hochzinsanleihen, "rentenähnliche" Aktien mit soliden Dividendenrenditen und Immobilienfonds mit verlässlich hohen und stabilen Mieteinnahmen. Rohstoffinvestments dagegen seien anfällig für einen Konjunkturabschwung in Europa und Asien.
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