"Durch VW ist niemand zu Schaden gekommen"
Der Bundesgremialobmann des heimischen Fahrzeughandels glaubt nicht, dass der VW-Skandal die Branche langfristig durcheinanderwirbeln wird.
KURIER: Welche Auswirkungen hat der VW-Skandal für die heimische Autobranche?Burkhard Ernst: Man muss den Skandal relativieren. Dass in den USA bei den Abgasnormen getrickst wurde, ist offenkundig und nicht in Ordnung. Aber was ist der Einfluss auf Österreichs Konsumenten? Sachlich betrachtet gar keiner, weil niemand zu Schaden gekommen ist und die Autos wurden ja nicht wegen des vermeintlich geringeren Schadstoffausstoßes gekauft. Daher verstehe ich die große Aufregung, insbesondere vom VKI, nicht. Was genau will er denn einklagen?
Vielleicht, weil der Wiederverkaufswert sinkt?
Theoretisch ist das möglich, aber ich wüsste nicht, warum. Den Autos liegt eine ordentliche Technik zugrunde. Vielleicht gibt es kurzfristig eine kleine Delle bei den Preisen auf dem Gebrauchtwagenmarkt, aber wenn der Aufschwall der Gefühle vorbei ist, wird sich auch das wieder geben.
Und bei den Neuzulassungen?
Welche Auswirkungen hat das Service-Update auf die betroffenen manipulierten Autos?
Gar keine, das Ganze ist eine Placebo-Aktion zur Beruhigung der Gemüter. Weil durch das Update ändert sich im Fahrbetrieb nichts, das Auto fährt wie eh und je und stößt genau so viel aus wie früher und verbraucht auch genau so viel. Denn die Manipulation wirkt sich ja nur im Testverfahren aus, aber nicht im normalen Fahrbetrieb.
Warum gibt es eigentlich Abgastests, die derart praxisfern sind?
Das jetzige Testverfahren ist durch die aktuelle Diskussion infrage gestellt, zum Teil zu Recht. Man hat sich aber vor rund 15 Jahren für diese Methode entschieden, um weltweit gleich zu verfahren. Das ist das Positive an dem System. Richtig ist aber, dass diese Werte auf der Straße nicht darstellbar sind. Am meisten hängt dies vom Fahrverhalten ab. Ich verwahre mich aber gegen eine Gesamtverurteilung des Handels und aller Hersteller. Ich bin der fixen Überzeugung, dass die anderen Hersteller ordentlich arbeiten.
Begrüßen Sie die für 2017, spätestens 2020 geplanten Verschärfungen der Testverfahren?
Das ist auf alle Fälle positiv. Und es wird jetzt sicher 2017 kommen. Wichtiger wäre aber endlich all jene Autos von der Straße zu bringen, die 15 Jahre und älter sind. Sie stoßen die mit Abstand meisten Abgase aus. Das wäre über eine Ökoprämie möglich.
Möglich wäre doch auch, dass durch den Skandal alternative Antriebe wie Elektroautos einen Aufschwung erleben.
Alternative Antriebe wie Hybrid werden jetzt schon prinzipiell gerne gekauft. Und den Absatz reiner E-Autos wird das nicht sehr beeinflussen. Denn die modernen Autos haben schon jetzt einen unglaublich geringen Ausstoß. Und Feinstaub ist dank des Rußpartikelfilters kaum noch vorhanden.
Könnten die verschärften Tests dazu führen, dass die Normverbrauchsabgabe beim Fahrzeugkauf und die Versicherungssteuer, die sich auch nach dem CO2-Ausstoß bemessen, für neue Modelle ab 2017 steigen?
Das ist nicht auszuschließen, das kann passieren.
Eine Folge des Skandals könnten sektorale Fahrverbote sein.
Verbote lehne ich grundsätzlich ab und trete für die Freiheit der individuellen Mobilität ein. Die Menschen werden vom Gesetzgeber oft nicht intelligent genug eingeschätzt, insbesondere in Wien. Es ist nicht notwendig, Menschen zu bestimmten Verkehrsmitteln zu zwingen.
Was wünschen Sie sich von der nächsten Stadtregierung?
Ein Verkehrskonzept, das ganzheitlich durchdacht ist. Das heißt, ein Nebeneinander aller Verkehrsmittel, aber keine Diskriminierung. Der Autoanteil sinkt ohnehin von Jahr zu Jahr, auch, weil der öffentliche Verkehr wunderbar funktioniert. Auch ich nutze hie und da die U-Bahn, aber es darf kein Muss sein.
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