EZB

Draghi klopft Euro mit Worten weich

Drastische Worte des EZB-Chefs: "Werden alles tun, was wir tun müssen", um Inflation zu befeuern.

"Alles tun, was nötig ist" - diese Worte haben seit Juli 2012 eine besondere Bedeutung in Zentralbank-Kreisen: Mit dieser Formulierung hat EZB-Chef Mario Draghi eine Eskalation der Euro-Schuldenkrise eingedämmt und den drohenden Kollaps der Währungsunion verhindert.

Am Freitag wählte Draghi wieder eine ähnlich lautende Formulierung - diesmal ging es allerdings um das Verhindern von Deflation: Darunter verstehen Notenbanker eine dauerhafte Abwärtsspirale von Preisen und Löhnen, die die Wirtschaft lähmt.

Bei seiner Keynote bei einer Bankentagung in Frankfurt sagte Draghi: "Sollten wir zum Entschluss kommen, dass der aktuelle Kurs unserer Geldpolitik nicht ausreicht, um das Ziel (einer mittelfristigen Inflation von nahe 2 Prozent, Anm.) zu erreichen, werden wir tun, was wir tun müssen, um die Inflation so rasch wie möglich anzuheben."

Die EZB werde "handeln, indem wir alle Instrumente, die uns im Rahmen unseres Mandats zur Verfügung stehen, ausschöpfen".

Noch höhere "Strafgebühr"

So könne die EZB ihr Anleihen- und Wertpapierankaufprogramm über insgesamt 1,14 Billionen Euro in der Größe, Zusammensetzung oder Wirkdauer verändern.

Auch der Einlagenzinssatz - die Strafgebühr, die Banken zahlen, wenn sie Geld bei der EZB bunkern - könne noch weiter sinken, um die Zirkulation des Geldes zu beschleunigen, deutete Draghi an. Dieser Zinssatz liegt derzeit schon im negativen Bereich, bei -0,2 Prozent.

Draghi verlieh seinen Worten noch zusätzlich Gewicht, indem er deutliche Warnungen ausstieß. Die Situation im Euroraum sei zwar nicht mehr so schwierig wie Ende des Vorjahres, als ein Rückfall in die Rezession zu befürchten und das Ziel stabiler Preise in Gefahr war, so Draghi.

Euro auf Sinkflug

Jetzt gebe es - dank der EZB-Maßnahmen - eine solidere Erholung der Wirtschaft, aber: "Risiken bleiben aufrecht." Die aktuell niedrige Kerninflation, bei der die stark schwankungsanfälligen Energie- und Lebensmittelpreise ausgeklammert sind, dürfe die Zentralbank nicht kalt lassen.

Die drastischen Worte verfehlten ihre Wirkung nicht: Der Eurokurs ging am Freitagmorgen auf Sinkflug und büßte 0,5 Prozent zum Dollar ein. Das ist durchaus im Sinne des Absenders: Ein weicher Euro hilft dabei, die Inflationsrate hochzutreiben; er begünstigt Exporte aus dem Euro in Regionen mit anderen Währungen. Zugleich verteuert er Importe von dort - das betrifft insbesondere Öl und Gas, die in der Regel in Dollar abgerechnet werden.

Die Währungshüter der EZB werden am 3. Dezember über die weitere
Geldpolitik entscheiden.

Weidmann gibt Kontra

Als größter Draghi-Kritiker erwies sich bei derselben Veranstaltung einmal mehr Bundesbank-Präsident Jens Weidmann. Er betonte seine Skepsis gegenüber der ultralockeren EZB-Geldpolitik: „Wir
müssen uns darüber klar sein, dass, je länger wir im ultralockeren geldpolitischen Modus bleiben, diese Politik umso weniger wirksam wird.“ Dann kämen immer mehr die Risiken und Nebeneffekte ins Spiel.

Weidmanns Analyse der aktuellen Situation ist völlig konträr zu dem Bild, das Draghi zeichnet. Er sieht die aktuell sehr niedrige Inflation vor allem als Folge des scharfen Falls der Energiepreise. Das sei kein Grund zur Sorge: „Der Rückgang der Ölpreise ist mehr ein wirtschaftlicher Stimulus für die Euro-Zone als ein Vorbote einer Deflation.“

Haushalte und Unternehmen würden von den fallenden Ölpreise profitieren, da ihre Energierechnungen sinken, sagte Weidmann. Das setze Gelder für Investitionen und mehr Konsum frei. „All das ist gut für die Wirtschaften der Euro-Länder.“ Er sehe keine Gründe, die wirtschaftlichen Aussichten der Euro-Zone klein zu reden und ein düsteres Bild zu zeichnen.

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