Donnerstag,21.1.: Draghi bleibt locker, Börsianer jubeln

Donnerstag,21.1.: Draghi bleibt locker, Börsianer jubeln
EZB-Chef prüft weitere Lockerung der Geldpolitik. ATX schließt mit +1,88 Prozent, DAX mit -1,9 Prozent Plus.

Die Europäische Zentralbank hat am Donnerstag vorerst keine neuen Maßnahmen gesetzt, aber diese mit unerwartet deutlichen Worten für März in Aussicht gestellt. Die neue globale Wirtschaftslage, die tiefen Ölpreise und geopolitische Unsicherheiten würden die EZB dazu zwingen, die Angemessenheit der Geldpolitik bei der nächsten Sitzung Anfang März "zu überprüfen und möglicherweise zu überdenken".

Die Aussicht auf weiteres, ultrabilliges Geld brachte die Anleger zum Jubeln. Noch während der Pressekonferenz zogen ATX und DAX deutlich an.

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Donnerstag,21.1.: Draghi bleibt locker, Börsianer jubeln

Draghi sei Dank: Auch die Wiener Börse hat am Donnerstag bei gutem Volumen mit fester Tendenz geschlossen. Der heimische Leitindex ATX stieg gegenüber dem Mittwoch-Schluss (2.043,40) um 38,36 Punkte oder 1,88 Prozent auf 2.081,76 Zähler.

Gegenüber Jahresende 2015 liegt der ATX aber noch 315,18 Punkte oder 13,15 Prozent im Minus. Der ATX Prime schloss mit einem Plus von 1,69 Prozent oder 17,85 Punkten bei 1.071,19 Einheiten.

Das Tageshoch erreichte der ATX gegen 17.15 Uhr mit 2.082,80 Zählern. Das Tagestief lag (vor der EZB-Entscheidung) kurz vor 13.25 Uhr bei 2.029,54 Zählern. Im prime market zeigten sich am Ende der Sitzung 26 Titel mit höheren Kursen, zehn mit tieferen und drei unverändert. In zwei Aktien kam es zu keiner Kursbildung.

Gehandelt wurden im prime market 14.016.918 (Vortag: 10.780.825) Stück Aktien (Einfachzählung). Umsatzstärkste Aktie war Erste Group mit 885.262 Stück Aktien. Wertmäßig kam heute ein Umsatz im prime market (Doppelzählung) von 273,799 (261,701) Mio. Euro zu Stande, wovon 44,46 Mio. Euro allein auf Erste Group entfielen.

Der deutsche Leitindex DAX an der Börse Frankfurt ging mit 1,9 Prozent Plus bei 9.574,16 Punkten aus dem Handel.

EZB-Chef Mario Draghi, ganz im verbalen Lockerungsmodus: Die Inflationsdynamik ist weiterhin schwächer als erwartet, deshalb wird die Geldpolitik bei der nächsten Sitzung Anfang März "überprüft und möglicherweise neu überdacht". Der EZB-Rat war dabei einstimmig dieser Einschätzung der Lage, betont Draghi in der Fragerunde. Die Instrumente der Zentralbank würden "keine Grenzen" kennen.

Der Inflationspfad fällt für 2016 jetzt "deutlich flacher" aus als erwartet, auch das deutet auf weitere Aktivitäten im März hin.

Damit haben die EZB-Beobachter ihre Erwartung erfüllt bekommen, dass Draghi weitere Aktivitäten zwar jetzt noch nicht setzt, aber in Aussicht stellt.

Die Flüchtlingskrise sei eine außergewöhnliche Entwicklung, die das Gesicht der europäischen Bevölkerung ändern werde, sagt Draghi. Es liege aber in unseren Händen, das in eine Chance für künftiges Wachstum zu verändern.

Der Ölpreisverfall sowie ein Rekordverlust der Deutschen Bank haben Anlegern an den europäischen Aktienmärkten am Donnerstag zu schaffen gemacht. „Die Nervosität ist extrem hoch“, sagte ein Händler. Einige Anleger hofften jedoch auf verbale Beruhigungspillen von EZB-Chef Mario Draghi, der soeben die Beschlüsse der Ratssitzung der Europäischen Zentralbank vor der Presse erläutert.

Dax und EuroStoxx50 legten im Vorfeld 0,8 Prozent auf 9478 Punkte beziehungsweise ein Prozent auf 2911 Zähler zu. An den Leitzinsen rüttelte die EZB erwartungsgemäß nicht. Doch wegen des Öl-Preisverfalls sinken die Inflationsaussichten für die Euro-Zone immer weiter.

Somit steigt der Druck auf die EZB, die erst im Dezember das Anleihekaufprogramm zur Anheizung der Inflation ausgedehnt hatte.

Auch am Donnerstag ging es für Nordseeöl der Sorte Brent und US-Leichtöl der Sorte WTI rund zwei Prozent weiter abwärts bis auf 27,29 beziehungsweise 27,87 Dollar je Fass. Als Hauptgrund gilt die Überproduktion an Öl, der die Förderländer aus Angst vor Verlusten bei den Marktanteilen, bislang nicht Herr werden konnten. Die Währungen einiger Förderländer geraten indes immer stärker unter Druck. So fiel der russische Rubel den zweiten Tag in Folge auf ein Rekordtief.

Schlusslicht am europäischen Aktienmarkt waren die Titel der Deutschen Bank, die um 9,5 Prozent auf ein Sieben-Jahres-Tief von 16,03 Euro abstürzten. Analysten und Aktionäre reagierten entsetzt auf den Rekordverlust von 6,7 Milliarden Euro für 2015.

Auch die neuen Rückstellungen von gut einer Milliarde Euro für Rechtsstreitigkeiten stießen Anlegern sauer auf. „Die Kosten für Gerichtsprozesse enden nicht mit dieser Rückstellung - wir gehen davon aus, dass es sie noch mehrere Jahre geben wird“, sagte Goldman-Sachs-Analyst Jernej Omahen. Börsianer befürchten nun, dass die Deutsche Bank eine weitere Kapitalerhöhung benötigt.

Mit der Ankündigung einer großen Restrukturierung beruhigte hingegen das britische Verlagshaus Pearson die Anleger. Die Titel schnellten in London um 11,6 Prozent nach oben. Allerdings hatten sie in den vergangenen zwölf Monaten angesichts mehrerer Gewinnwarnungen rund 45 Prozent verloren.

Nach dem Ausverkauf der vergangenen Tage wagten sich erste Anleger in italienische Bankenwerte zurück. Der Branchenindex , der seit Jahresbeginn um rund 30 Prozent eingebrochen war, stieg um 3,2 Prozent. Zu den größten Gewinnern zählte die kriselnde Banca Monte dei Paschi di Siena (BMPS). Die Aktien des ältesten Geldhauses der Welt stiegen um 34 Prozent auf 0,6875 Euro. Banca Carige legten gut 25 Prozent zu.

Vorerst keine Überraschung von der Europäischen Zentralbank (EZB): Sie hält den Leitzins im Euroraum auf dem Rekordtief von 0,05 Prozent. Das beschloss der EZB-Rat nach Angaben der Notenbank am Donnerstag in Frankfurt.

Anderes hatte auch niemand erwartet - mehr Aufschlüsse könnte die Pressekonferenz von Mario Draghi ab 14.30 Uhr liefern.

In Wien korrigierten FACC nach ihrem gestrigen Kursrutsch gegen Mittag um 6,20 Prozent auf 5,65 Euro nach oben und setzten sich damit an die Spitze der Kurstafel. Der Luftfahrtzulieferer hat in den ersten drei Quartalen des Geschäftsjahres 2015/16 sowohl den Umsatz als auch das Ergebnis deutlich verbessert und schreibt nun schwarze Zahlen. Der Umsatz stieg um 12 Prozent auf 427,8 Mio. Euro, der Nettogewinn drehte von minus 11,8 Mio. auf 3,8 Mio. Euro ins Plus. Laut den Analysten der UBS fielen die Ergebnisse im Rahmen der Markterwartungen aus. Im Zuge der heutigen Zahlenpräsentation erhoffen sich die Experten nicht nur Informationen zum Ausblick für das Gesamtjahr und zu den Fortschritten in den Verhandlungen mit Boeing, sondern sie erwarten sich auch mehr Aufschluss über den gestern gemeldeten Cyberangriff auf das Unternehmen.

Wie am Dienstagabend bekanntgeworden war, ist die FACC „Opfer von betrügerischen Handlungen unter Ausnutzung von Kommunikations- und Informationstechnologien“ geworden, der Vorstand habe umgehend Anzeige erstattet und eine Untersuchung des Vorfalls beantragt. Der Schaden für das Unternehmen wurde mit 50 Mio. Euro beziffert. Die Papiere waren am Mittwoch daraufhin um rund 17 Prozent eingebrochen.

Für Unterstützung im ATX sorgten unter anderem Bankwerte. Raiffeisen zogen um 2,00 Prozent auf 11,23 Euro an und Erste Group verteuerten sic hum 1,18 Prozent auf 24,89 Euro. Demgegenüber zeigte sich der Bankensektor im europäischen Vergleich mit einem beschaulichen Plus von 0,26 Prozent, nachdem die Deutsche Bank für das Gesamtjahr 2015 einen Rekordverlust von 6,7 Mrd. Euro bekanntgegeben hatte.

Im Zuge weiter fallender Ölpreise zeigten sich dagegen Ölwerte im Minus: OMV büßten 0,26 Prozent auf 21,40 Euro ein und Schoeller-Bleckmann verloren klare 1,21 Prozent auf 44,51 Euro.

Im prime market zeigten sich 17 Titel mit höheren Kursen, 18 mit tieferen und vier unverändert. In zwei Aktien kam es bisher zu keiner Kursbildung. Umsatzstärkstes Papier ist bisher Erste Group.

Der Leitindex der Börse Frankfurt (Dax) hat am Donnerstag erneut zur Erholung angesetzt. Für den deutschen Leitindex ging es um 0,65 Prozent auf 9452,89 Punkte nach oben, nachdem er am Mittwoch noch im Sog der weiter sinkenden Ölpreise einmal mehr auf Talfahrt gegangen war. Nun zeigten sich die Anleger erleichtert, dass die Wall Street am Vorabend ihre zwischenzeitlich hohen Verluste deutlich eindämmen konnte.

Der MDax der mittelgroßen Werte stieg am Morgen um 1,08 Prozent auf 18 520,73 Punkte, der Technologiewerte-Index TecDax gewann 1,32 Prozent auf 1617,91 Punkte. Für den Eurozonen-Leitindex EuroStoxx 50 ging es um fast 1 Prozent nach oben.

Die Gewinnerliste führte Lufthansa an, die Papiere stiegen um 2,3 Prozent auf 13,58 Euro. Die Analysten der HSBC hatten ihr Kursziel auf 18 von 15,50 Euro angehoben und die Kaufempfehlung bestätigt. Auch die Societe Generale versah ihre „hold“-Einstufung mit einem höheren Kursziel von 15,20 (bisher 14,50) Euro.

Viel schlechter läuft es für die Deutsche Bank. Die Aktien fielen im frühen Frankfurter Handel im Sog der Vorlage eines Rekordverlustes um 2,8 Prozent auf 17,35 Euro. Das ist der niedrigst Kurs seit März 2009. Die Analysten der Citigroup senkten das Kursziel auf 20 von 27 Euro. Die Anlageempfehlung liegt bei „neutral“.

In Wien korrigierten FACC nach ihrem gestrigen Kursrutsch um 7,14 Prozent auf 5,70 Euro nach oben. Das Unternehmen hat in den ersten drei Quartalen des Geschäftsjahres 2015/16 sowohl seinen Umsatz als auch das Ergebnis deutlich verbessert und schreibt nun schwarze Zahlen. Der im Zeitraum März bis November erzielte Umsatz stieg um 12 Prozent auf 427,8 Mio. Euro, der Nettogewinn drehte von minus 11,8 Mio. auf 3,8 Mio. Euro ins Plus.

Am Mittwoch waren die FACC-Papiere um mehr als 16 Prozent eingebrochen, nachdem der Luftfahrtzulieferer einen Internetbetrug im Ausmaß eines finanziellen Schadens von 50 Mio. Euro gemeldet hatte.

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