Der große Nachteil sind die geringen Niederschläge. Künstliche Bewässerung ist daher die Voraussetzung für gute Ernteerträge.
„Durch die künstliche Bewässerung sinkt der Grundwasserspiegel. Der Marchfeldkanal sorgt dafür, dass genug Wasser nachgeliefert werden kann“, erklärt Wolfgang Neudorfer, Geschäftsführer der Betriebsgesellschaft Marchfeldkanal. Maximal 16.000 Liter pro Sekunde dürfen aus der Donau entnommen und in den Kanal gepumpt werden.
Ein Bewässerungssystem, das auch auf andere Gegenden des unter Trockenheit leidenden Weinviertels ausgeweitet werden kann. Wegen der langen Trockenperioden wurde bereits ein Großteil der Saatgutproduktion vom Weinviertel ins Marchfeld verlegt. Saatgutproduktion funktioniert nur bei regelmäßiger Bewässerung.
Die Studiengesellschaft Marchfeldkanal hat geprüft, welche Flächen im östlichen Niederösterreich mit Wasser aus der Donau versorgt werden könnten (siehe Grafik). Bei steileren Lagen macht künstliche Bewässerung ohnehin keinen Sinn, weil es die Bodenerosion begünstigt.
Auch eine Ausweitung des Marchfeldkanals nach Norden wurde geprüft. Teile des nördlichen Weinviertels liegen lediglich 20 Meter über dem Niveau der Donau. Angedacht sind Pumpanlagen, um die Höhenunterschiede zu überwinden.
„Vor 200 Jahren hat es im Weinviertel so viele Teiche gegeben, dass 40 Prozent der in Wien verzehrten Fische von dort gekommen sind“, erinnert der ehemalige Präsident der Landwirtschaftskammer Hermann Schultes an eine Zeit, als es im nördlichen Niederösterreich noch genug Wasser gegeben hat. Wobei eine zusätzliche Wasserversorgung über die Donau nicht nur der Landwirtschaft nützen würde. Auch Gemeinden sowie Gewerbebetriebe sind auf eine funktionierende Wasserversorgung angewiesen.
Schultes weiß, warum der Marchfeldkanal als Vorbild taugt. Er spricht vom „System sorgenfrei“. Es gehe ja nicht nur um die Bewässerung der Felder, sondern auch um Hochwasserschutz, die Wasserversorgung der Bevölkerung und um Naherholungsräume. Wenn bei starken Regenfällen der Grundwasserspiegel deutlich steigt, kann Wasser abgepumpt und in die Donau geleitet werden. Das verhindert, dass Ortschaften im Marchfeld bei Extremwetter überflutet werden.
Außerdem wird die Trinkwasserversorgung von Deutsch-Wagram durch Uferfiltrat sichergestellt. Das ist Oberflächenwasser, das ins Grundwasser sickert und dabei gereinigt wird.
Der Grund, warum Geschäftsführer Wolfgang Neudorfer das Wort Kanal nicht so gerne hört, ist die naturnahe Gestaltung der Anlage. „Die 100 Kilometer Gewässer sind ökologisch gestaltet worden. Alles ist begrünt. Es gibt Inseln und viele Fische.“ Es wurden auch Radwege angelegt. Im Wiener Bezirk Floridsdorf sind die Ufer ein beliebtes Erholungsgebiet.
„Natürlich kann man dieses Modell nicht so einfach exportieren“, weiß Schultes. „Aber man hat in 30 Jahren so viel gelernt, dass man auch weiß, wie es geht, wenn man es woanders braucht.“
Ein Schnäppchen wäre die Versorgung von zusätzlichen Gebieten in Niederösterreich mit Donauwasser wohl nicht. Die Baukosten für den Marchfeldkanal betrugen 1992 umgerechnet 196 Millionen Euro. Der Kanal war ein gemeinsames Projekt der Bundesregierung mit dem Land Niederösterreich.
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