Shopping ist omnipräsent

Shopping ist omnipräsent
Wie sich mit der digitalen Kommunikation der Handel verändert und wieso der Kunde dabei König ist.

Die Digitalisierung bestimmt, wie wir arbeiten, uns vernetzen und auch einkaufen. Im Interview erklärt Hania Bomba, Geschäftsführerin der Unternehmensberatung RegioPlan Consulting, was dies für den Einzelhandel bedeutet.

Wie werden sich Point of Sales, Online und mobiler Handel künftig gegenseitig beeinflussen?

Hania Bomba: Österreichs Handelsvolumen ist fast stabil, gleichzeitig sehen wir Zuwächse im Onlinebereich. Das bedeutet, dass der stationäre Handel derzeit Abstriche machen muss. Die damit einhergehende neue Rolle der stationären Flächen stellt den Einzelhandel vor Herausforderungen: Wie müssen Geschäftsflächen künftig aussehen, damit Kunden gerne kommen, lange bleiben, Geld ausgeben und wieder vorbeischauen? Hier kommt das Omni-Channeling als Form neuer Absatzkanäle ins Spiel.

Kundenansprache auf allen Kanälen. Was bedeutet das für den Einzelhändler?

Zuerst einmal heißt das, dass sich die Handelsstrategie noch viel stärker an der Zielgruppe orientieren muss. Es reicht nicht mehr, sich an statistische Größen wie Alter, Geschlecht, Einkommen oder Familienstruktur zu halten – Prinz Charles und Ozzy Osbourne passen in dieselben solcher Kategorien, wollen aber als Zielgruppe auf ganz andere Art und Weise angesprochen werden. Multi-Channeling ist im Kern nichts anderes als Konsumentenorientierung.

Wie kann sich Kunde ein Multi-Channel-Einkaufserlebnis künftig vorstellen?

Nehmen wir eine junge H&M-Kundin, die sich für die neue Modekollektion interessiert. Sie kann nun entweder im Shop die Kleider anprobieren oder Online einzelne Stücke begutachten. Sie kann sich via Facebook bestimmte Kombinationen zusammenstellen, auf YouTube die zugehörige Modeschau ansehen und wird mitsamt dem elektronischen Warenkorb zur Online-Kasse oder zum Übersichtsplan der nächsten Filialen weitergeleitet. Die stationären Geschäftsflächen müssen dann natürlich mit den Online-Plattformen vernetzt sein, abzuholende Ware bereithalten oder Stücke umtauschen. Was derzeit schon sehr gut funktioniert, sind sogenannte Click&Brick-Services – sprich Bestellung Online bei Abholung in der Filiale. Für den Konsumenten wird das Einkaufen damit wesentlich effizienter, für den Händler kommunikationsintensiver.

Shopping ist omnipräsent
Hania Bomba

Wie verändern sich damit auch die Organisationsstrukturen des Einzelhandels?

Geschäftsflächen sind heute vielfach noch Inseln, die komplett abgeschottet agieren. Erfolgreiche Händler arbeiten intensiv an der Transparenz und Vernetzung ihrer Verkaufsorte. Jede Verkäuferin, jeder Verkäufer sollte in der Lage sein, auf alle Lagerbestände und Lieferumfänge zugreifen zu können. Mit Omni-Channeling-Angeboten geht ein großer logistischer Mehraufwand einher. Bisherige Lagersysteme müssen angepasst oder neue geschaffen werden, außerdem Tausende Artikel fotografiert und im Online-Shop aktualisiert werden. All das erfordert eine grundlegende Umstrukturierung der Geschäftsorganigramme.

Marketing der Zukunft: Wo und wie müssen Marken positioniert werden, um erfolgreich zu sein?

Die Welt steht nicht Kopf, nur weil wir neue Absatzkanäle haben. Vieles funktioniert nach gleichen Regeln wie früher. Das, was neu ist, ist die Vielfalt der Konkurrenz und das vielfältigere Verhalten der Kunden. Trends passieren im Zeitraffer. Die neue Anforderung an das Marketing ist es also flexibler, individueller und schneller zu reagieren und sich über Themen wie Authentizität, Loyalität und Kontaktfähigkeit Gedanken zu machen.

Was raten Sie den hiesigen Unternehmen, um im schnelllebigen Wettbewerb bestehen zu können?

Es geht im Handel nicht mehr darum, Produkte zu verkaufen, sondern Nutzen für den Kunden zu stiften. Den Produktkatalogen sieht man oft noch an: Die Ware wird über ihren Preis definiert. In der Zukunft des Handels muss der Verkauf in einem Kontext transportiert werden. Zwar ist auch der Preis noch ausschlaggebend, aber nur in Kombination mit anderen Werten. Sei es Familie, Natur, Lifestyle, Wohlfühlfaktor, Ego, Bildung oder Schönheit – ein Produkt muss Sinn stiften. Noch vor 6 Jahren dachten viele Unternehmer, der digitale Shoppingtrend hätte mit der nächsten Saison schon ausgedient. Dass dem nicht so ist, ist mittlerweile angekommen. Bei, sagen wir, 150 Filialen ist allerdings allein die Umgestaltung von Geschäftsregalen ein riesiger logistischer Aufwand. Man kann sich vorstellen, was die Implementierung von Omni-Channels erst an Zeit und Ressourcen auffrisst. Um veränderungsfähig zu sein, braucht es flexible Mitarbeiter, die sich führen lassen und Führungskräfte, die ihren Mitarbeitern folgen.

- von Theresa Girard

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