Die Karten sterben nicht aus

Austria Card druckt alle österreichischen eCards, allein heuer sind es 5 Millionen Stück.
Die Firma Austria Card fertigt 60 Millionen Karten im Jahr.

Wer vor dem Fabriksgebäude der Austria Card im 23. Wiener Gemeindebezirk steht, kommt kaum auf die Idee, dass hinter diesen Mauern praktisch alle österreichischen Bankomat- und Kreditkarten sowie eCards und Personalausweise vom Fließband laufen. 60 Mio. Karten im Jahr, davon heuer allein fünf Mio. neue eCards, produziert die Firma mit 450 Mitarbeitern an den Hauptstandorten in Wien und Bukarest. Geliefert wird in die ganze Welt, von Deutschland bis Nigeria. Für London wird die auch bei Touristen beliebte Öffi-Netz-Karte "Oyster Card" produziert.

Die Sicherheitsvorkehrungen sind streng. Mitarbeiter wie Besucher müssen durch drei teilweise nur einzeln betretbare Sicherheitsschleusen, um in die Produktions- sowie die Kartenpersonalisierungshalle zu gelangen. Diese sind zusätzlich mit Sicherheitstüren voneinander getrennt. So soll verhindert werden, dass ein Mitarbeiter in denselben Räumlichkeiten alle Produktionsschritte vom Druck der Karte bis zur Personalisierung durchlaufen kann. Rucksäcke, Jacken, Handys und Kameras sind verboten, das Gebäude wird videoüberwacht. Über 20.000 Designvorlagen für Plastikkarten lagern am Standort Wien und können jederzeit für die Nachproduktion herangezogen werden. Der Herstellungsprozess ist aufwendig. Jede Karte besteht aus fünf bis sieben mehrfach gedruckten Schichten, die zu einem Kartenkörper laminiert werden. Für den Druck ist Fachwissen und Gespür gefragt. Zwar werden Designs und Farbgebung am Computer ausgewählt, damit die Farben auf der Karte tatsächlich den Kunden-Vorstellungen entsprechen, ist viel Erfahrung und Feinjustierung der Drucktechniker nötig. "Farben sind subjektiv. Dass das Orange vom Bildschirm auf Plastik ausgedruckt genau so wirkt, ist gar nicht trivial", erklärt Christoph Paul, Leiter Sales Österreich. In einem hoch standardisierten Markt seien aber gerade solche Qualitätsmerkmale und Kundennähe wichtig, um international zu punkten.

Mit Innovationen profilieren kann man sich im Zahlungsbereich kaum. Magnetstreifen, Chip, Logos und Unterschriftenfeld sind vorgegeben. Experimentiert wird etwa mit durchsichtigem Kartenmaterial, in das Partikel eingearbeitet werden müssen, damit der Infrarot-Leser in Bankomaten und Kartenlesern die Karte erkennt. Mehr Möglichkeiten bieten die intelligenten Chips, auf denen diverse Funktionen gespeichert werden können. So belieferte Austria Card etwa Nigeria mit einem Personalausweis in Kartenformat, bei dem nicht nur biometrische Informationen, eHealth- und Wähler-ID, sondern auch Zahlungsfunktionen im Chip integriert sind. Während die Chips für die Karten zugekauft werden, wird die darauf laufende Software von Austria Card selbst entwickelt. Für die Personalisierung wird die Karte per Stanzgerät oder Laser mit Namen und Ziffern versehen. Die über eine sichere Verbindung gelieferten Daten werden auf dem Chip gespeichert und danach im System wieder gelöscht. Auch die Kuvertierung passiert teilweise bereits vor Ort. Die Firma stellt auch die zertifizierte Sicherheitsumgebung für die mobile Bankomatkarte zur Verfügung, welche alle Kartenfunktionen auf einem Handy speichert und die Plastikkarte in Zukunft obsolet machen könnte. "Wenn Mobiltelefone einmal alle physischen Karten ersetzen, ist das für unser Geschäftsmodell natürlich problematisch. Die nächsten 20 Jahre wird es aber sicher weiterhin Karten geben", sagt Paul. "Wir sehen Handy-Apps eher als Ergänzung. Was tun, wenn der Akku aus ist und man bezahlen will? Da ist eine physische Karte praktischer. Magnetstreifen gibt es ja auch seit 60 Jahren, und sie werden immer noch in irgendeinem Teil der Welt zum Zahlen benutzt – wie auch das Bargeld nicht verschwinden wird."

- von Martin Stepanek

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