"Die Zeit ist reif für Aktien"
Die Finanzwelt blickte in den vergangenen Tagen gespannt nach Frankfurt und Washington: Groß war die Hoffnung, dass die Notenbanken große Schritte setzen, um die Krise in den Griff zu bekommen. Die Erwartungen wurden erfüllt. Die Europäische Zentralbank kündigte an, unbegrenzt Staatsanleihen der Schuldenländer aufzukaufen, sofern diese einen Hilfsantrag beim Rettungsfonds ESM stellen. Dieser kann nun am 8. Oktober aktiv werden, nachdem die deutschen Verfassungshüter ihr prinzipielles Okay gegeben haben. Und in den USA haben die Notenbanker erneut die Geldschleuse geöffnet. Sie wird für monatlich 40 Milliarden Dollar (31,0 Mrd. Euro) Hypothekenpapiere kaufen. All diese Nachrichten sorgten an den Aktienmärkten für eine extrem positive Stimmung, die laut Experten noch länger anhalten sollte.
Risiko nehmen
"Die Entschlüsse sind wichtige Schritte zur Aufarbeitung der Krise", gibt sich Eduard Berger, Vorstand der Wiener Privatbank, überzeugt. Damit sei der Schalter auf "risk on" – also den Einstieg in risikoreichere Veranlagungen – umgelegt worden. Jetzt sei auch für Privatanleger die Zeit reif, in Aktien zu gehen. "Eigentlich boomen die Börsen ja schon seit Jahresbeginn. Es gab kaum ein besseres Halbjahr als heuer. Allerdings hat das ohne Privat-Publikum stattgefunden", sagt Berger. Immerhin sei der deutsche Aktienindex DAX seit Jahresbeginn um 20 Prozent gestiegen.
"Die Risikoprämie am Aktienmarkt hat sich in den letzten zwei bis drei Monaten zwar merklich verringert, jedoch könnte sich diese Entwicklung dank der Zentralbankmaßnahmen fortsetzen, insbesondere in Europa", glaubt auch Giordano Lombardo, Chief Investment Officer bei Pioneer Investments. Europäische Aktien seien attraktiver als US-Titel; "in einigen Fällen sind ihre Bewertungen wirklich günstig – hauptsächlich im Finanzsektor". Auch Bergers Empfehlung lautet auf Bankaktien. "Ich glaube, dort wird die Musik spielen." In Österreich favorisiert er die Erste Group. Auch zyklische Titel wie voestalpine und RHI sieht er auf der Gewinnerseite. Als Geheimtipp nennt er Wienerberger, obwohl die meisten Analysten den Baukonzern negativ bewerten. Aber genau darin sieht Berger ein Kaufsignal. Die Fondsgesellschaft Fidelity warnt vor zu viel Optimismus. "Wir könnten eine Konsolidierungsphase sehen, wenn Investoren Gewinne mitzunehmen", sagt Trevor Greetham, Leiter der Asset Allocation. "In den nächsten Monaten können auch schwächere Wirtschaftsdaten noch zu einigen guten Kaufgelegenheiten führen."
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