Die Tupperware-Party ist abgesagt
Abstand halten, Sozialkontakte vermeiden, keine Gäste nach Hause einladen? Die Tupperparty steigt trotzdem. Der US-Pionier in Sachen Verkaufsparty hat eine corona-sichere Lösung gefunden, die gut angenommen wird. „Getuppert“ wird digital.
Die Party-Managerinnen sprechen in eine Kamera, geladene Gäste können sich über eigene WhatsApp-Gruppen oder Zoom zuschalten und austauschen. „Die Online Tupperware-Party hat einen großen Vorteil. Die physische Anwesenheit ist nicht notwendig, um die Produkte zu bestellen. Das geht ganz bequem vom eigenen Sofa aus “, sagt Tupperware-Sprecherin Sandra Frey zum KURIER. Langes Formulare ausfüllen fällt also weg.
Neue Kundengruppen
Der Konzern will mit seinen Online-Tupperpartys auch zusätzliche Kundengruppen erreichen, die nicht unbedingt alles selbst ausprobieren möchten. Ein genereller Umstieg auf den Online-Vertrieb ist nicht geplant, an der klassischen Wohnzimmer-Party werde festgehalten, versichert Frey.
Mit den virtuellen Partys scheint Tupperware jedenfalls der Krise zu trotzen. Laut Bloomberg erzielte das Unternehmen im abgelaufenen Quartal bereits rund 15 Prozent des US-Umsatzes über das Internet. An der Börse blieb dies nicht unbemerkt. Die Tupperware-Aktie legte zuletzt stärker zu als die der Internetriesen Facebook oder Amazon.
Tupperware ist keine Ausnahme, auch dem deutschen Thermomix-Konzern Vorwerk konnte die Krise bisher wenig anhaben. Das rasche Kochen zu Hause erlebt durch das Home Office sogar einen Aufschwung. „Durch die Corona-Krise bzw. vor allem den Lockdown stand das Leben in den eigenen vier Wänden im Mittelpunkt.
Vorwerk ist hier mit den Marken Kobold und Thermomix gut aufgestellt und kann beide Bedürfnisse perfekt bedienen“, so Filippo Traú, General Manager von Vorwerk Austria. In Österreich ist die digitale Küchenmaschine erstmals auch online erhältlich. Die Anzahl der Thermomix-Berater(innen), die ihre Kunden über diverse digitale Kommunikationskanäle individuell beraten, wurde ebenfalls aufgestockt.
„Die ganze Branche hat nach einer anfänglichen Erschütterung einen enormen Digitalisierungsschub durch Corona erlebt“, bestätigt Erwin Stuprich vom Bundesgremium Direktvertrieb in der Wirtschaftskammer (WKO).
Video-Party
Viele hätten rasch auf alternative Vertriebswege wie Live-Video-Partys über Zoom oder Facebook Live, Online-Bestellungen oder Einzelberatungen umgestellt und so Absatzeinbrüche vermeiden. „Manche Mitglieder im Haushalts-, Lebensmittelbereich haben sogar das beste Geschäftsjahr aller Zeiten“, weiß Stuprich. Am schwierigsten hätte es der reine Party-Vertrieb von Schmuck, Kosmetik oder Dessous, auf den etwa 30 Prozent des Branchenumsatzes entfällt.
Mangels Nachfrage mussten hier zum Teil Produktionen stillgelegt werden. Die aktuell verschärften Auflagen bezüglich Sozialkontakten seien für den Direktvertrieb, der direkt beim Menschen ist, generell ein harter Schlag, meint Stuprich. Verkaufsveranstaltungen in Geschäftsräumen seien zwar ausgenommen, hätten wegen der aktuellen Lage aber ohnehin wenig Zulauf.
Mittelfristig werde der sehr persönliche Kundenkontakt als Gegentrend zum rein digitalen, aber unpersönlichen Vertrieb weiter an Bedeutung gewinnen, ist der Branchensprecher überzeugt.
Am Internet führt aber in der Branche auch nach der Krise kein Weg mehr vorbei. So generiert etwa die US-amerikanische Kosmetikfirma Younique bereits rund 70 Prozent ihres Umsatzes durch virtuelle Verkaufspartys.
200 Mio. Euro Umsatz
Der Jahresumsatz im Direktvertrieb beträgt rund 200 Millionen Euro. Die größten Anbieter sind Tupperware, der Thermomix-Hersteller Vorwerk, AMC und bofrost
80 % Frauen
In Österreich gibt es rund 17.000 selbstständige Verkaufsberater/innen, die einen Gewerbeschein gelöst haben. 80 Prozent davon sind Frauen, in den meisten Fällen handelt es sich um einen Nebenerwerb. Bei dem Kunden liegt der Frauenanteil sogar bei 90 Prozent.
1.500 Neugründungen
Für das laufende Jahr werden rund 1.500 Neugründungen erwartet, im ersten Halbjahr waren es bereits 700.
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