Die Länder Afrikas brauchen Industrie

Die Länder Afrikas brauchen Industrie
Der Kontinent benötigt keine westlichen Weltverbesserer, sondern Cash.

Ausgerechnet Afrika. Der Kontinent, den man in Europa mit Flüchtlingen, Bürgerkrieg, Bürokratie und Korruption in Verbindung bringt, wird nun zur größten Freihandelszone der Welt. Vergangenen Sonntag wurde der Pakt besiegelt. Er umfasst 54 der 55 afrikanischen Staaten (nicht Eritrea) und betrifft 1,2 Milliarden Menschen.

Der Grund für das Abkommen: Afrika handelt mit der Welt, aber nicht mit sich selbst. Der innerafrikanische Handel beträgt knapp 20 Prozent des Gesamthandels der afrikanischen Länder. In Europa liegt der entsprechende Wert bei 70 Prozent, in Asien bei rund 50.

Hohe Zollschranken

Das Freihandelsabkommen soll den Binnenhandel ankurbeln und Investoren anlocken. Das ist auch nötig. Denn laut Weltbank sind die Kosten für den regionalen Handel in keiner anderen Region höher als in Afrika.

Doch beinhaltet das Abkommen auch eine politische Komponente. Das Wichtigste sei, dass Afrika sein Schicksal in die eigenen Hände nimmt, sagte unlängst Erastus Mwencha in der deutschen ZEIT. Er ist einer der Chefdesigner der Agenda 2063, welche die afrikanischen Länder vor sechs Jahren unterzeichnet haben und die den Kontinent nach vorne bringen soll. Zentraler Punkt für Mwencha: Afrika muss sich industrialisieren.

Afrika liefert seine Rohstoffe in alle Welt. Was aber fehlt, ist die Verarbeitung vor Ort. Etwa von Kakao-Bohnen. Vom Gewinn aus dem Schokoladenverkauf erhalten die afrikanischen Erzeuger laut Mwencha nur fünf Prozent, der Rest fließt ins Ausland. „Wir wollen unseren Gewinnanteil erhöhen, indem wir Agrarprodukte selbst veredeln.“ Für Mwencha wäre der Aufbau einer Verarbeitungsindustrie ein Quantensprung für den Kontinent. Denn Industrie zieht weiteres Kapital an. Kapital ermöglicht weiteres Wachstum.

Die Länder Afrikas brauchen Industrie

Tabak-Auktion in Simbabwe

Kapital braucht Afrika aber auch zum Aufbau einer Infrastruktur. Beispiel Energie. In großen Teilen Afrikas hat nur etwas mehr als ein Drittel der Bevölkerung Zugang zu Energie. Ein Problem, das zum Beispiel der Wiener Martin Hiller, er ist Chef der Nicht-Regierungs-Organisation REEEP, genau kennt.

So managt seine Organisation den Bau von nachhaltigen Energieanlagen in Afrika. Das Geld dazu kommt von europäischen Regierungen. Wie aber kann eine Haus-Solaranlage, die immerhin rund 200 Dollar kostet, Wohlstand erzeugen? „Das Kerosin für die Petroleum-Lampe muss man auch zahlen“, erklärt Hiller. „Aber die Solaranlage zahlen die Leute über zwölf bis 24 Monate ab und dann gehört sie ihnen.“ Bezahlt werde übrigens per Handy.

Höhere Produktivität

Vor allem aber: Licht bedeutet mehr Zeit für Produktivität. Hiller bringt dazu ein Beispiel aus der Praxis. „Wenn es um 18.00 Uhr dunkel wird, geht mit einer Petroleum-Lampe nichts mehr. So aber kann an den Abend-Schulen noch unterrichtet und in Werkstätten gearbeitet werden.“

Hiller verweist darauf, dass es fatal wäre, Afrika zu unterschätzen. Viele Länder sind in einzelnen Sparten schon auf der Überholspur. Etwa Kenia. Mithilfe westlicher Investoren entwickelte das ostafrikanische Land eine Strategie zum Ausbau der Glasfaserverkabelung mit Europa. Resultat: Kenia ist bei Call Centern das neue Indien. Noch dazu, weil man im Unterschied zu Indien die gleiche Zeitzone wie Europa hat. Ein Gleichklang, hoffentlich mit Symbolwirkung für die Zukunft.

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