"Die Kunden sind nicht loyal"

Der Salzburger Kranhersteller geht innovative Wege
Warum das Thema Industrie 4.0 spielentscheidend ist, zeigt das Beispiel Palfinger.

Industrie 4.0 ist in Österreich weitgehend ein Fremdwort. "Wir haben eine Studie zum Thema Industrie 4.0 durchgeführt und die Erkenntnis ist, dass österreichische Unternehmen im Vergleich zurückfallen", sagt Dietmar Kotras, General Manager des IT-Beratungs- und Dienstleistungsunternehmens DXC Österreich.

Zwar würden rund 50 Prozent der Befragten mittelfristig darin ein Thema sehen, aber nur jeder fünfte es in seinem Geschäftsmodell zur Anwendung bringen. Immerhin sage ein Drittel, dass das Thema einen unmittelbaren Impact auf den Umsatz und die Kosten habe.

Eines der österreichischen Vorzeigebeispiele ist laut Kotras der Kranhersteller Palfinger, der hier "extrem innovativ unterwegs" sei. Palfinger würde nicht nur das bestehende Geschäft mit Digitalisierung unterlegen, sondern neue Geschäftsmodelle damit etablieren. "Wir haben vor drei Jahren begonnen, uns mit Industrie 4.0 auseinanderzusetzen und schnell festgestellt, dass das für Palfinger wichtig ist", sagt Martin Zehnder, Vorstand für Produktion bei Palfinger.

Kräne vermieten

Damit seien smarte Produkte und Geschäftsmodelle möglich, es gebe aber auch ein disruptives Potenzial und damit neben Chancen auch Risiken. Wenn sich in der Kranbranche eine Plattform wie Airbnb oder Uber bilde, auf der nicht verwendete Kräne vermietet werden, würde herkömmlichen Herstellern Teile des Geschäfts wegbrechen.

Palfinger sei nicht groß genug, um eine eigene Plattform zu schaffen, könne sich jedoch transformieren und näher an den Endkunden rücken. "Wir wollen ihn besser verstehen und ihm Systemlösungen und nicht nur Kräne verkaufen", sagt Zehnder. Das heißt, zusätzlich zu einem Kran wird auch ein passender LKW organisiert, auf den dieser montiert und so eine Gesamtlösung geschnürt wird. Gleichzeitig könne Industrie 4.0 auch dazu beitragen, Prozesse zu verschlanken und Kosten zu sparen.

Marke wird sekundär

"Man kann sich mit dem Team zusammensetzen, die Schwerpunkte muss aber die Unternehmensführung setzen", erklärt Kotras den richtigen Ablauf. Die Skills der Mitarbeiter seien für den Erfolg entscheidend, auch müsse man ihnen genügend Freiräume einräumen. Man müsse sich auch seines Alleinstellungsmerkmales bewusst sein. "Heute kann eine Marke viel wert sein, wenn das Produkt später über eine Plattform vermietet wird, wird das Service wichtiger und die Marke ist sekundär."

Die Kunden seien auf Plattformen weniger loyal, weshalb der Nutzen im Vordergrund stehen müsse. "Rolls Royce verkauft keine Triebwerke, sondern betreibt sie und rechnet in Flugstunden ab", sagt Kotras.

Zehnder beklagt, dass dieses wichtige Thema von der Politik für Wahlkämpfe oder Eigenwerbung missbraucht werde. Dafür sei Industrie 4.0 zu wichtig, es sollte von der Politik ernsthafter unterstützt werden. "Bei Palfinger werden zum Beispiel bereits Bauteile in 3-D konstruiert", sagt Zehnder.

Keine Zukunftsmusik

Schweißer würden sich virtuelle Schweißbrillen aufsetzen, auf virtuellen Objekten virtuelle Schweißpunkte auftragen und dadurch erkennen, ob sich ein Produkt wie geplant bauen lässt oder nicht. Auch würden mittlerweile Kräne im Entwurfstadium mit einer Virtual-Reality-Brille angesehen und Fehler gefunden oder fertige Produkte in 3-D-Modellen den Kunden virtuell vorgestellt werden. "Das passiert bereits heute, nicht erst in Zukunft", sagt Zehnder.

Wenn sich Österreich nicht mehr um das Thema kümmere, werde der Standort zurückfallen, österreichische Unternehmen an Wettbewerbsfähigkeit verlieren und durch andere substituiert werden, meint Kotras. Man müsste in einer Region, etwa im Wiener Raum, ein Cluster schaffen und ausbauen, so dass es auch andere Interessenten aus der Region und Osteuropa anziehe. Der größte Fehler jedoch wäre, nichts zu tun.

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