"Helden der Krise" bewegen mehr als EU-Skeptiker

IWF-Chefin Lagarde nennt Notenbanker „Helden der Krise“ – ein charmanter Weckruf für EZB-Chef Mario Draghi.
Die Aussicht auf lockere Geldpolitik beeinflusst die Märkte stärker als das EU-Wahlergebnis.

War da nicht noch was? Die Finanzmärkte reagierten am Montag ungerührt auf das Erstarken der EU-Kritiker im Europäischen Parlament. Im Gegenteil: Der deutsche Aktienindex DAX lag am Nachmittag gut ein Prozent im Plus und kletterte untertags auf ein Allzeithoch bei 9876 Punkten. Auch die Gemeinschaftswährung ließ kaum Verunsicherung erkennen: Der Kurs des Euro war am Wahlabend zum Dollar nur kurz unter Druck gekommen und zeigte sich am Montag sogar minimal stärker (plus 0,1 Prozent).

Keine Rede von unregierbaren Verhältnissen: Die Wahlergebnisse lagen im Rahmen, sagt Bank-Austria-Chefökonom Stefan Bruckbauer: "Große negative Überraschungen sind ausgeblieben, sogar Frankreich war auf den Sieg des Front National vorbereitet. Positiv überrascht hat das Resultat in Italien, das die Regierungslinie stärkt." Besonders bemerkenswert: Trotz des fulminanten Wahlsiegs der Linksallianz Syriza in Griechenland, die zu den schärfsten Kritikern der Sparpolitik zählt, lagen die Staatsanleihen im Plus, die Zinskosten sanken. In Großbritannien haben die Investmentbanker etwas länger Zeit, den Erfolg der EU-Austrittspartei UKIP zu verdauen. Die Börse London hatte am Montag (wie die US-Börsen) feiertagsbedingt geschlossen.

EZB-Treffen im pittoresken Sintra

Für gute Laune sorgte unterdessen Europas geldpolitische Elite. Das dreitägige EZB-Forum im pittoresken portugiesischen Städtchen Sintra soll – wie das Treffen der US-Notenbank Fed im Bergdorf Jackson Hole – einen zwanglosen Gedanken-Austausch ermöglichen. Die Märkte freute das erneuerte Bekenntnis von EZB-Chef Mario Draghi zum Kampf gegen die niedrige Inflation. Die EZB, die auf eine einzige Geldpolitik für die Eurozone verpflichtet ist, will mehr auf "Heterogenität" achten. Ein kleiner Tabubruch, der zielgenaue Maßnahmen erwarten lässt, so Bruckbauer.

Ukraine

Das klare Ergebnis der Präsidentschaftswahl in der Ukraine ließ die Investoren ebenfalls aufatmen – und weitere Hilfe kam aus den USA: Der S&P500-Index war mit 1900 Punkten, dem höchsten Schlusskurs der Geschichte, ins Wochenende gegangen. An der Börse Wien lag der ATX am Montag gut ein Prozent im Plus, angeführt vom Flughafen Wien und den Finanzwerten. Der voestalpine könnte der Gasdeal zwischen China und Russland nützen – durch Pipeline-Aufträge oder generell höhere Stahlpreise.

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